schwerpunktthema Rehabilitation bei neuromuskulären
Neurol Rehabil 2012; 18 (1): 70 – 78 Hippocampus Verlag 2012
Erkrankungen Zusammenfassung Neuromuskuläre Erkrankungen sind selten. In Studien zur Physiotherapie, zum Training oder 1Neurologische Abteilung, Klinik Hoher
zu Rehabilitationsbehandlungen wurden entsprechend meist nur kleine Gruppen von Patienten Meißner, Bad Sooden-Allendorf
untersucht. Von den 404 Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen, die im Jahre 2008 zur 2Medizinische Statistik, Hamm
stationären Rehabilitation aufgenommen wurden, erfolgte bei exakt 300 Patienten ein standar-
disiertes Assessment. Das Assessment wurde bei 67 Patienten mit einer amyotrophen Lateral-
sklerose nicht durchgeführt. Von weiteren 37 Patienten lagen keine ausreichenden Datensätze
vor. Es wurden bei Aufnahme und Entlassung verschiedene alltagsrelevante Funktionen erfasst:
Nine-Hole-Peg-Test, maximale Dauer und Repetition der Armabduktion rechts, jeweils in 15
Sekunden Wiederholung des Anhebens des Gesäßes von der Unterlage, Aufrichten aus dem Sitz
zum Stand und Aufheben eines Balls vom Boden, Timed Walking Test und die Bewältigung einer
maximalen Zahl von Treppenstufen. Dabei zeigten sich für die Gesamtgruppe für diese Parame-
ter höchst signifikante Verbesserungen (Wilcoxon-Test, p < 0,001). Die Effektstärke betrug für den
Nine-Hole-Peg-Test links 10,7 %, rechts 13,5 %, für den Timed Walking Test 16,2 %, für das Trep-
pensteigen 21,6 %, für die übrigen Funktionen zwischen 34,5 und 52,6 %. Auch auf die einzelnen
Krankheitsgruppen (Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie, Muskeldystrophien vom Glieder-
gürteltyp, myotone Dystrophie Typ 1, spinale und bulbospinale Muskelatrophie, HMSN Typ I und
II sowie Postpolio-Syndrom) bezogen fanden sich signifikante Therapieeffekte. Schlüsselwörter: Neuromuskuläre Erkrankungen, Muskeldystrophie, spinale Muskelatrophie, here-
ditäre sensomotorische Neuropathie, Postpolio-Syndrom, Rehabilitation
Einleitung
Allerdings handelte es sich bei den Studien meist um
eine kleine Gruppe von Patienten, oft mit verschiedenen
Neuromuskuläre Erkrankungen gehören zu den sel-
neuromuskulären Erkrankungen. Voet et al. fanden in
tenen Erkrankungen, die durch eine Prävalenz von unter
ihrem Cochrane-Review aus dem Jahre 2010 zum Kraft-
1 : 2.000 gekennzeichnet sind. So wird in der Orphanet-
training und aeroben Training bei entzündlichen oder
Berichtsreihe zur Prävalenz seltener Erkrankungen bei-
hereditären Muskelerkrankungen von 53 identifizierten
spielsweise für die fazioskapulohumerale Muskeldys-
Arbeiten aber nur bei drei die von ihnen geforderten Kri-
trophie (FSHD) eine Prävalenz von 7, für die amyotrophe terien randomisierter kontrollierter Studien erfüllt [53].
Lateralsklerose von 5,2 und für die spinale Muskela-
Andererseits wiesen einige Autoren auf die Gefähr-
trophie (SMA) Typ 3 von 0,26 pro 100.000 angegeben dung durch Überbelastung unter Training und Physio-
[37]. Da die Prävalenz von Schlaganfall-Erkrankungen, therapie und die damit verbundene Abnahme der Kraft
Schädel-Hirn-Verletzungen, Multipler Sklerose und Par-
hin [6, 9, 18, 19, 23, 28, 30]. Die Intensität der Therapien
kinson-Erkrankungen um Größenordnungen höher ist, muss mit der vorliegenden Erkrankung sowie den daraus
beschäftigen sich nur wenige Kliniken in der Rehabilita-
resultierenden Einschränkungen der Belastbarkeit und
tion schwerpunktmäßig mit diesen Erkrankungen.
der Fähigkeiten des Patienten abgestimmt werden.
Bei den sporadisch auftretenden und den heredi-
Neben der ambulanten Physiotherapie oder Trai-
tären degenerativen neuromuskulären Erkrankungen ningstherapie steht die interdisziplinäre teilstationäre
gibt es trotz wesentlicher Fortschritte in der moleku-
oder stationäre Rehabilitation zur Verfügung. Hierzu
largenetischen Therapieforschung bislang keine kau-
bestehen bislang nur wenige systematische Studien.
salen Behandlungsmöglichkeiten. Umso wichtiger sind Böhme und Arnold wiesen bei Patienten mit einer Mus-
die konventionellen Therapieoptionen, insbesondere keldystrophie vom Gliedergürteltyp signifikante Verbes-
Physio therapie, Ergotherapie und Logopädie. Dass Pati-
serungen alltagsrelevanter motorischer Funktionen im
enten mit neuromuskulären Erkrankungen von Training Rahmen einer stationären Behandlung nach [7].
und physiotherapeutischen Behandlungsprogrammen
Obwohl die neuromuskulären Erkrankungen eine
profitieren, wird in der Literatur allgemein akzeptiert Gruppe ätiologisch und pathogenetisch unterschied-
[1–5, 8, 10–15, 17–22, 24–25, 27–29, 32, 34–36, 38–52]. licher Krankheiten darstellen, gibt es typische gemein-
70 | Neurologie & Rehabilitation 1 · 2012
Rehabilitation bei neuromuskulären Erkrankungen
schwerpunktthema Rehabilitation of neuromuscular diseases C. Schröter, T. Kottmann
same Symptome, die die Alltagsbewältigung wie auch
die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinflus-
Abstract
sen. Charakteristische Symptome der meisten neuro-
Neuromuscular diseases are rare, so studies in physiotherapy, exercise
muskulären Erkrankungen sind Paresen und Atrophien
or rehabilitation mostly deal with small groups of patients. 300 of 404
sowie reduzierte allgemeine Belastbarkeit und rasche patients with neuromuscular disease admitted to our neurological reha-
Ermüdbarkeit, bei einigen Erkrankungen auch My algien
bilitation department in 2008 were assessed for different parameters: nine-
und Crampi. Bei Polyneuropathien können zudem Sen-
hole-peg-test, maximum duration, and number of repetitions for abduction
sibilitätsstörungen vorliegen. Verschiedene primäre of the right arm, in 15 seconds number of repetitions of raising the bottom
Erkrankungen der Muskulatur können eine kardiale from the surface in a lying position, repetitive raising from sitting to the
Mitbeteiligung aufweisen. Ebenso sind Störungen der standing position, repetitive lifting of a ball from the ground, and walking of
Lungenfunktion, des Sprechens und des Schluckens a maximum of steps of a staircase, as well as timed walking test. 67 patients
bei einer Reihe von Erkrankungen zu beachten. Auch with amyotrophic lateral sclerosis were not assessed; in 37 further cases
können Auswirkungen auf das knöcherne Skelett, auf no assessment was available. Comparing data at admission and discharge
statistical significance was shown for these functions for the whole group
Gelenke und Bänder vorliegen, so eine Skoliose, Osteo-
(Wilcoxon-Test, p < 0.001). The nine-hole-peg-test was completed with the
porose oder vorzeitige Arthrose, die in der Folge auch
left hand in a time 10.7 % faster, on the right side 13.5 % faster. The timed
Schmerzen bedingen können. Die teilweise absehbare walking test was done 16.2 % faster. Climbing stairways showed a gain of
Progredienz mit Verlust wichtiger Fähigkeiten stellt eine
21.6 %, for the other functions gains between 34.5 % and 52.6 % were seen.
besondere Herausforderung an die Krankheitsverarbei-
Even referred to disease categories (facioscapulohumeral muscular dystro-
tung dar. Die verschiedenen Krankheitsfolgen müssen phy, limb girdle muscular dystrophy, myotonic dystrophy type 1, spinal und
bei der Rehabilitation ebenso beachtet werden.
spinobulbar muscular atrophy, hereditary motor and sensory neuropathy,
Anders als beispielsweise bei Patienten nach zere-
post-polio syndrome) significant therapy effects were presented.
bralen Gefäßprozessen mit schwerer Hemiparese, die Key words: Neuromuscular diseases, muscular dystrophy, spinal muscular
im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme die Geh-
atrophy, hereditary motor and sensory neuropathy, post-polio syndrome,
fähigkeit wieder erreichen können, ist bei neuromus-
kulären Erkrankungen ein ähnliches Ausmaß der Ver-
besserung nicht zu erwarten. Hat ein Patient mit einer
neuromuskulären Erkrankung beispielsweise die Geh-
fähigkeit durch eine Zunahme der Paresen verloren, ist
die Wahrscheinlichkeit gering, dass er sie durch eine neuromuskulären Übergangs, einer Erkrankung des zwei-
Reha-Maßnahme wieder gewinnt. Damit müssen sich ten Motoneurons sowie Polyneuropathien, bei letzteren
die Ziele und auch die Beurteilung eines Behandlungs-
die degenerativen und entzündlich bedingten Formen.
erfolges in der Rehabilitation chronisch progredienter Bei allen Patienten, die mit einer dieser Erkrankungen
neuromuskulärer Erkrankungen im Vergleich zu akuten aufgenommen werden, erfolgen regelmäßig neben der
zerebralen Gefäßprozessen zwangsläufig unterscheiden. ärztlich-neurologischen Aufnahmeuntersuchung stan-
Die Behandlungsziele orientieren sich grundsätzlich dardisierte physio- und ergotherapeutische Assessments
an dem biopsychosozialen Modell der internationalen bei Aufnahme und vor Entlassung. Ziel war es, auf den
Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und einzelnen Patienten bezogen Therapieeffekte hinsicht-
Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation [16] lich der motorischen Funktionen zu quantifizieren und
(s. Abb. 1). Bei neuromuskulären Erkrankungen steht in damit transparenter zu machen.
der Perspektive der Erhalt der Alltagsbewältigung sowie
der Teilhabe am sozialen Leben im Mittelpunkt. Die Ver-
besserung und Bewahrung der residualen Fähigkeiten
Gesundheitsproblem
und der Kompensationsmechanismen, um im Alltag
(Gesundheitsstörung oder Krankheit, ICD)
und im sozialen Bezug bestehen zu können, aber auch
beispielsweise die Schmerzlinderung und Unterstützung
der Krankheitsverarbeitung, stellen wesentliche Stütz-
pfeiler der Rehabilitation der chronischen neuromusku-
Patienten, Behandlung und statistische Methoden
Seit dem Jahre 2000 wurde in der Neurologischen Abtei-
lung der Klinik Hoher Meißner ein Schwerpunkt in der
Behandlung neuromuskulärer Erkrankungen aufgebaut.
Hierzu gehören alle Patienten mit einer degenerativen Abb. 1: Krankheitsmodell der internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinde-
oder entzündlichen Myopathie, einer Erkrankung des rung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) [16]
Neurologie & Rehabilitation 1 · 2012 | 71 schwerpunktthema
Tage. Die mittlere Behandlungsdauer betrug 30,1 ± 6,0
Tage und unterschied sich zwischen den verschiedenen
Die Patienten waren im Median 48 Jahre alt, der
jüngste Patient war 17, der älteste 84 Jahre alt. Die Ver-
teilung ist in Abbildung 2 wiedergegeben. Die Patienten
wiesen bei den unterschiedlichen Diagnosen im Mittel
ein Alter zwischen 46–49 Jahren auf. Eine Ausnahme
bildeten die Patienten mit Postpolio-Syndrom mit einem
Altersmittel von 59 Jahren (Tab. 4). Behandlungsprogramm
Das Behandlungsprogramm folgte den spezifischen
Behandlungszielen, die zwischen behandelndem Arzt
und Patient vereinbart wurden. Entsprechend wurden
nicht die im Assessment untersuchten Parameter beübt,
sondern die für den Rehabilitanden notwendigen Funk-
Abb. 2: Altersverteilung der Patienten
Physiotherapie erfolgte in Einzelbehandlung für 30
bis 45 Minuten, je nach Beeinträchtigung des Patienten
Generell waren die Patienten bei Aufnahme und 3 bis 6mal pro Woche, in der Regel 5mal pro Woche,
Entlassung sehr motiviert, möglichst gute Ergebnisse in Einzelfällen auch mit zwei Therapieeinheiten pro
zu erbringen, um die eigene Leistungsfähigkeit und Tag. Ergänzend fanden Gruppenbehandlungen auf dem
das Ergebnis der Behandlung beurteilen zu können. Trockenen und im Wasser, teilweise in speziell für Mus-
Patienten, die erneut zur Aufnahme kamen, nutzten die kelkranke eingerichteten Gruppen, statt. Ergotherapie
Ergebnisse auch, um die Entwicklung ihrer Leistungsfä-
erfolgte vorwiegend bei Beeinträchtigungen der oberen
higkeit im Langzeitverlauf abzuschätzen.
Extremitäten, ergänzend in Gruppenbehandlungen. Im
Die Daten der Assessments des Jahres 2008 waren Rahmen der Ergotherapie fand auch die Hilfsmittelver-
anlässlich der Jahrestagung des wissenschaftlichen Bei-
sorgung und -anpassung statt. Logopädie wurde bei
rats der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke (DGM)
Dysarthrie, Dysphonie, Dysphagie und Schwäche der
im Jahre 2009, bei der auf Anregung des Tagungssekre-
mimischen Muskulatur durchgeführt. Zur Lockerung
tärs ein Teil der Ergebnisse berichtet wurde, zusammen-
verspannter Muskelgruppen und Schmerzlinderung
gestellt und statistisch ausgewertet worden. Eine solche erfolgten Massagen, Wärme- und Elektrotherapien. Der
systematische Erfassung war primär mit der Datenerhe-
Unterstützung der Krankheitsverarbeitung dienten psy-
chologische Einzelgespräche ebenso wie Gesprächsgrup-
Im Jahre 2008 wurden 404 Patienten mit neuromus-
pen für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen
kulären Erkrankungen in der Neurologischen Abtei-
unter psychologischer Leitung, bei beruflich orientierten
lung der Klinik Hoher Meißner therapiert. Die Patienten Themen auch mit psychologischer und sozialpädago-
wurden nach Kostenübernahme der Deutschen Ren-
gischer Leitung. Darüber hinaus wurde der Austausch
tenversicherung Bund sowie anderen Rentenversiche-
der Patienten untereinander ohne therapeutische Lei-
rungsträgern und der gesetzlichen sowie privaten Kran-
tung gefördert. Die Therapien wurden individuell nach
kenversicherungen behandelt. Bei 67 Patienten mit der Fähigkeit und Belastbarkeit sowie angestrebten Zielen
Diagnose oder Verdachtsdiagnose einer amyotrophen geplant und regelmäßig angepasst.
Lateralsklerose wurde grundsätzlich auf das ausführ-
liche Assessment wegen der Gefahr der Überlastung ver-
Assessments
zichtet. Von weiteren 37 Patienten fehlte das Assessment
oder war nicht vollständig, beispielsweise weil der Für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen
Kostenträger einer beantragten Verlängerung nicht zuge-
wurde bei Aufnahme und Entlassung regelmäßig neben
stimmt hatte und der Patient kurzfristig abreisen musste.
der ärztlich-neurologischen Untersuchung ein standar-
Auf diese Weise standen exakt 300 Assessments zur disiertes physiotherapeutisches und, wenn die Patienten
Verfügung. Die Aufteilung auf die verschiedenen Erkran-
auch Ergotherapie erhielten, ein ergotherapeutisches
kungen ist der Tabelle 1 zu entnehmen. 160 Frauen und Assessment erstellt. Die Testparameter sollten schnell
140 Männer waren untersucht worden, die Aufteilung und einfach zu ermitteln sein und eine Aussage über
der Geschlechter auf die einzelnen Erkrankungsgruppen alltagsrelevante Funktionen zulassen. Als Basis war der
Funktionstest von Kemper [26] genutzt worden. Für eine
Die Patienten waren im Median 28 Tage stationär systematische Zusammenstellung von Therapieeffekten
behandelt worden, mindestens 17 Tage, maximal 54 waren die Parameter nicht primär ausgewählt worden.
72 | Neurologie & Rehabilitation 1 · 2012
Rehabilitation bei neuromuskulären Erkrankungen
schwerpunktthema Häufigkeit
Die Untersuchung erfolgte im Sitzen, dabei wurden
Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie (FSHD)
jeweils mit der rechten oder linken Hand neun Dübel
(pegs) in eine Platte mit neun Löchern eines kom-
Muskeldystrophien vom Gliedergürteltyp (LGMD)
merziell erhältlichen Sets gesteckt. Gemessen wurde
von der Aufforderung an, die Übung zu beginnen,
bis zu dem Zeitpunkt, an dem der letzte Dübel in
das Loch gesteckt wurde. Der Test weist eine gute
Der Patient wurde angehalten, so lange wie möglich
Tab. 1: Verteilung der erfassten Patienten in Diagnosegruppen
den Arm in einer Position von 90° abduziert zu hal-
ten. Nach 90 Sekunden wurde die Übung abgebro-
Diagnose Geschlecht männlich weiblich
n Maximale Häufigkeit der Armabduktion rechts
Der Patient wurde angehalten, so oft wie möglich
den Arm bis zu einer Position von 90° zu abduzieren.
Nach 30 Wiederholungen wurde die Übung abgebro-
Die Häufigkeit, in der in der Rückenlage das Gesäß
von der Unterlage innerhalb von 15 s abgehoben
Die Häufigkeit, in der der Patient sich innerhalb von
15 s von einem Hocker zum Stand aufrichten und
Die Häufigkeit, in der der Patient einen Gymnastik-
ball vom Boden innerhalb von 15 s aufnehmen und
Tab. 2: Verteilung der Geschlechter auf die Diagnosen
n Die Zahl der Treppenstufen, die innerhalb von 15 s
Behandlungsdauer (Tage)
n Die Zahl der Treppenstufen, die innerhalb von 15 s
Für eine Gehstrecke von 20 m wurde die notwendige
Zeit ermittelt. Der Patient begann die Gehstrecke
in stehender Position. War er nicht in der Lage, 20
Tab. 3: Behandlungsdauer
m zu bewältigen, wurden alternativ 10 oder 5 m
angesetzt. Die Gehstrecke wurde dokumentiert. Bei
Diagnose Mittelwert Median Min.
der Verlaufsuntersuchung vor Entlassung wurde die
Zeit für die gleiche Gehstrecke gemessen. Auch evtl.
benötigte Hilfsmittel wie Gehstock oder Rollator
wurden erfasst. Der Test weist eine hohe Validität
und Reliabilität auf [54] und ist zudem sehr einfach
Die von den Therapeuten gemessenen Werte wurden
retrospektiv zusammengetragen. Sie wurden sowohl für
das Gesamtkollektiv sowie für verschiedene Krankheits-
gruppen ausgewertet. Dabei wurden Krankheitsgruppen
gebildet, die mindestens 30 Patienten aufwiesen. Hierzu
Tab. 4: Altersverteilung bezogen auf die verschiedenen Erkrankungs-
– Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie (FSHD)
Neurologie & Rehabilitation 1 · 2012 | 73 schwerpunktthema NHPT re bei NHPT re vor NHPT li bei NHPT li vor Beschreibung der statistischen Methoden Aufnahme (s) Entlassung (s) Aufnahme (s) Entlassung (s)
Die statischen Auswertungen wurden mit Hilfe von SPSS
für Windows, Version 15.0 (SPSS Inc., U.S.A.) durchge-
führt. Die Darstellung der kontinuierlichen Variabeln
erfolgte als Mittelwerte ± Standardabweichung.
Die kontinuierlichen Variabeln wurden mittels des
Kolmogorov-Smirnov-Tests hinsichtlich ihrer Normalver-
teilung überprüft. Alle der getesteten Variabeln wiesen
keine Normalverteilung auf (Kolmogorov-Smirnov-Test:
p< 0,05). Bei den Vergleichen der Stichproben wurden
daher durchgehend nichtparametrische Tests für nicht
normalverteilte Stichproben herangezogen.
Tab. 5: Nine-Hole-Peg-Test
Beim Vergleich von zwei unabhängigen, nicht nor-
malverteilten Stichproben wurde der Mann-Whitney-U-
Abduktion Abduktion Abduktion Abduktion
Test und bei mehr als zwei unabhängigen, nicht nor-
Arm re bei Arm re vor Arm re bei Arm re vor
malverteilten Stichproben der H-Test nach Kruskal und
Aufnahme (s) Entlassung (s) Aufnahme (n) Entlassung (n)
Wallis angewendet. Bei Analyse von zwei verbundenen,
nicht normalverteilten Stichproben wurde der Wilcoxon-
Die kategorisierten Daten dagegen wurden mit Hilfe
des Chi-Quadrat-Tests bzw. des exakten Tests nach Fisher
Bei allen durchgeführten Tests erfolgte eine zweisei-
tige Signifikanzüberprüfung, wobei für alle statistischen
Tests ein p-Wert < 0,05 als statistisch signifikant ange-
Tab. 6: Maximale Dauer (s, max. 90 s) und Zahl (n, max. 30) der Wiederholungen der Arm- Ergebnisse
Der Nine-Hole-Peg-Test, ein Feinmotoriktest, erfolgte
bei Patienten, die Ergotherapie wegen Funktionsstö-
Brücke bei Brücke vor Hocker bei Hocker vor Aufnahme (n) Entlassung (n) Aufnahme (n) Entlassung (n)
rungen der oberen Extremitäten erhielten. Dabei ergaben
sich die in den Tabellen 5, 10 und 11 dargestellten Ergeb-
nisse. Von jeweils 126 dokumentierten Untersuchungen
wiesen 105 Patienten rechts und 100 Patienten links vor
Entlassung kürzere Messzeiten als bei Aufnahme auf.
Die Unterschiede waren für die Gruppe nach dem Wil-
coxon-Test (p< 0,001) höchst signifikant. Rechts war der
Mittelwert (31,6 s ± 13,0 s bei Aufnahme, 28,2 s ± 11,2 s bei
Entlassung) um 10,7 %, links (31,2 s ± 13,1 s bei Aufnahme,
27,0 s ± 8,9 s bei Entlassung) um 13,4 % kürzer als bei Auf-
nahme, der Test konnte also rascher durchgeführt werden.
Die maximale Dauer sowie die maximale Zahl der
Tab. 7: Zahl der Wiederholungen, das Gesäß innerhalb von 15 Sekunden von der Unterlage
Repetitionen der Armabduktion rechts werden in den
abzuheben (»Brücke«) bzw. von einem Hocker aufzustehen und sich wieder zu setzen
Tabellen 6 und 12 dargestellt. Vor Entlassung waren für
die Dauer (Mittelwert 38,9 s ± 21,1 s bei Aufnahme, 52,8 s
– Muskeldystrophien vom Gliedergürteltyp (LGMD)
± 25,4 s bei Entlassung) 35,6 %, für die Repetitionen (Mittel-
– Myotone Dystrophie Typ 1 (Curschmann, Steinert)
wert 15,4-mal ± 6,9-mal bei Aufnahme, 21,3-mal ± 8,0-mal
– Spinale und bulbospinale Muskelatrophie (SMA und bei Entlassung) 38,8 % höhere Werte im Vergleich zur
Aufnahme nachweisbar, die Veränderungen waren
– Hereditäre sensomotorische Neuropathien (HMSN)
höchst signifikant mit p-Werten im Wilcoxon-Test von
p< 0,001. Im Vergleich der einzelnen Krankheitsgruppen
fanden sich die niedrigsten Ausgangswerte, hinweisend
Zu den »sonstigen Diagnosen« zählten beispielsweise die
auf proximal betonte Paresen der oberen Extremitäten,
Myasthenia gravis, mitochondriale Myopathien, die ent-
bei der FSHD und den spinalen Muskelatrophien, dabei
zündlichen Myopathien, die myotone Dystrophie Typ 2, stellten sich deutliche Therapieeffekte mit einem Anstieg
Dystrophinopathien, Glykogenosen etc.
der Ausgangswerte jeweils um 40 % dar. 74 | Neurologie & Rehabilitation 1 · 2012
Rehabilitation bei neuromuskulären Erkrankungen
schwerpunktthema
Die Häufigkeit, mit der der Patient aus der Rückenla-
ge sein Gesäß innerhalb von 15 Sekunden von der Unter-
Aufnahme (n) Entlassung (n) Aufnahme (s) Entlassung (s)
lage anheben konnte (»Brücke«), wurde als Maß für die
aktive Rumpfmobilität angesehen. Acht der erfassten
Patienten gelang es erst bei Entlassung, nicht bei Auf-
nahme, das Gesäß von der Unterlage abzuheben. 209 von
217 erfassten Patienten konnten ihre Leistung verbessern
(Tab. 10). Die Gesamtgruppe erreichte 52,7 % höhere
Werte (Mittelwert 6,9 ± 5,0 Wiederholungen bei Aufnah-
me, 10,6 ± 7,2 Wiederholungen bei Entlassung), die Ver-
änderungen waren höchst signifikant mit p-Werten im
Wilcoxon-Test von p< 0,001. Die Therapieeffekte (Tabel-
len 7 und 13) verteilten sich auf alle Krankheitsgruppen.
Tab. 8: Aufnehmen eines Balls vom Boden und Ablegen sowie Timed Walking Test (TWT)
Ebenso zur Beurteilung der Funktion der Rumpfmus-
kulatur und der proximalen Muskelgruppen der Beine
wurde untersucht, wie oft der Patient sich innerhalb von
Treppe rauf Treppe rauf Treppe runter Treppe runter
15 Sekunden von einem Hocker zum Stand aufrichten bei Aufnahme vor Entlassung bei Aufnahme vor Entlassung
und wieder hinsetzen kann. Gerade das Aufstehen ist
(Stufen) (Stufen) (Stufen) (Stufen)
bei proximal und im Bereich der unteren Extremitäten
betonten Paresen ein besonders alltagsrelevantes Pro-
blem. Einem Patienten, der bei Aufnahme nicht vom
Hocker aufstehen konnte, gelang es bei Entlassung.
199 von 231 Patienten konnten ihre Leistung in diesem
Bereich verbessern, bei vier Patienten wurden bei Entlas-
sung geringere Werte festgestellt (Tab. 10). Der Mittelwert
für die Gesamtgruppe (initial 4,6 ± 3,0, bei Entlassung
6,4 ± 3,9) war bei Entlassung um 37,7 % höher als bei
Aufnahme. Insgesamt waren die Verbesserungen höchst
signifikant (Wilcoxon-Test; p< 0,001) (Tab. 7).
Tab. 9: Zahl der innerhalb von 15 Sekunden bewältigten Treppenstufen
Die Zahl der Wiederholungen, innerhalb von 15
Sekunden einen Ball vom Boden aufzunehmen und Veränderung Hocker Ball abzulegen, wird in Tabelle 8 wiedergeben. Acht Pati-
enten konnten bei Aufnahme keinen Ball vom Boden
aufheben, bei Entlassung gelang es ihnen dagegen min-
destens einmal. Sechs Patienten wiesen bei Entlassung
geringere Werte auf, 175 von 206 Patienten konnten
ihre Leistungen verbessern (Tab. 10). Insgesamt waren
bei Entlassung signifikant mehr Wiederholungen für
die Aufnahme eines Balls vom Boden möglich (initial
4,8 ± 3,4, bei Entlassung 6,4 ± 4,4), wobei der Unter-
Tab. 10: Klassifikation der Veränderungen im Verlauf
schied auch hier höchst signifikant war (Wilcoxon-Test;
p< 0,001). Der Mittelwert war bei Entlassung um 34,5 % )* Ein Patient konnte bei Aufnahme wegen Immobilisierung wegen einer Oberschenkel-
fraktur nicht gehen, konnte dies aber nach Entlassung. Er ist in die Statistik bzgl. des Timed
Walking Tests nicht aufgenommen worden.
Der Timed Walking Test wurde bei 260 Personen
ermittelt, bei einem Patienten lag für diese Fragestellung
kein sinnvolles Ergebnis vor, da er bei Aufnahme wegen enten mit FSHD wiesen initial die beste Zeit (19,1 s ± 14,5 s)
eines postoperativen Zustandes nach Oberschenkelfrak-
auf, konnten unter der Behandlung aber nur eine Verbes-
tur nicht gehen konnte, dies aber im Verlauf wieder serung um 6 % erreichen. Die übrigen Gruppen erreichten
erreichte. Von den 260 Patienten konnten 209 Personen eine Abnahme der Zeit und somit eine Zunahme der Geh-
eine Verbesserung erreichen (Tab. 10). Die im Timed Wal-
king Test für die Gesamtgruppe durchschnittlich benö-
Besonders alltagsrelevant ist auch das Bewältigen
tigte Zeit war bei Entlassung (17,3 s ± 13,4 s) um 16,2 % von Treppen. Hierfür wurde die Zahl der Stufen ermit-
geringer als bei Aufnahme (20,6 s ± 14,9 s), auch hier war telt, die innerhalb von 15 Sekunden auf- oder abwärts
der Unterschied höchst signifikant (Tab. 8). Bezogen auf bewältigt werden konnten (Tabellen 9, 10 und 14). Da sich
die einzelnen Krankheitsgruppen (Tab. 15) fiel initial ein die Ergebnisse des Treppensteigens und Herabgehens
besonders hoher Wert (23,0 s ± 13,5 s) beim PPS auf, gerade
entsprachen, wurde nur das Bewältigen der Treppen auf-
bei dieser Gruppe wurde mit einer Verbesserung von gut wärts stellvertretend dargestellt. 190 von 225 Patienten
25 % dafür der deutlichste Therapieeffekt gezeigt. Die Pati-
erreichten eine Zunahme der Anzahl von bewältigten
Neurologie & Rehabilitation 1 · 2012 | 75 schwerpunktthema Testwert bei Testwert vor Veränderung
Neun Patienten wiesen bei Entlassung geringere, 23 Pati-
Aufn. (MW±SD) Entl. (MW±SD) (Wilcoxon-Test)
enten gleiche Werte wie bei Aufnahme auf. Insgesamt
Gesamtkollektiv 31,6 ± 13,0 28,4± 11,9 < 0,001
waren bei Entlassung höchst signifikant mehr Stufen
zu bewältigen möglich (Wilcoxon-Test; p< 0,001). Der
Mittelwert war für das Gesamtkollektiv bei Entlassung
um 21,6 % höher (initial 14,7 ± 10,3 Stufen, bei Entlassung
17,9 ± 12,0 Stufen). Die bei Aufnahme niedrigsten Werte
fanden sich bei den Patienten mit FSHD (11,9 Stufen ± 11,1
Stufen), Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp (11,7
Stufen ± 8,0 Stufen) und sowie den spinalen Muskelatro-
phien (12,7 Stufen ± 10,4 Stufen). Sie konnten ihre Werte
Diskussion
Von 404 Patienten, die mit neuromuskulären Erkran-
Tab. 11: Therapieeffekte nach den Krankheitsgruppen aufgeschlüsselt – Nine-Hole-Peg-Test
kungen im Jahre 2008 zu einer stationären Rehabilita-
tionsmaßnahme aufgenommen wurden, wurde bei 160
Frauen und 140 Männern neben der ärztlich-neurolo-
Testwert Testwert Verände-
gischen Untersuchung bei Aufnahme und Entlassung
bei Aufn. (MW±SD) vor Entl. (MW±SD) rung MW (Wilcoxon-Test)
ein Assessment verschiedener Parameter der Mobilität
Gesamtkollektiv 38,9 ± 21,1 52,8 ± 25,4 <0,001
erstellt. Dabei wurden die Armabduktion, die Geschick-
lichkeit (Nine-Hole-Peg-Test), Funktionen der Rumpfmo-
bilität, des Aufstehens, des Gehens und Bewältigens von
Treppen erfasst. Bei 67 Patienten mit amyotropher Late-
ralsklerose wurden die Parameter wegen der Gefahr der
Überlastung nicht ermittelt. Bei weiteren 37 Patienten
lagen keine verwertbaren Messergebnisse vor. Generell
wurden die Aufgaben von den Patienten mit großem
Engagement erfüllt, um die eigene Leistungsfähigkeit im
Verlauf der Behandlungsmaßnahme, inzwischen auch
zum Teil über mehrere Jahre hinweg, quantifiziert beur-
Für alle Parameter fanden sich für die Gesamtgruppe
höchst signifikante Veränderungen im Vergleich der
Tab. 12: Therapieeffekte nach den Krankheitsgruppen aufgeschlüsselt – maximale Dauer
Werte bei Aufnahme und vor Entlassung (Wilcoxon-Test
p < 0,001). Die Höhe des Therapieeffekts unterschied sich
zwischen den einzelnen Parametern deutlich. Auch auf
Testwert Testwert Verände- bei Aufn. (MW) vor Entl. (MW) (Wilcoxon-Test)
die einzelnen Krankheitsgruppen bezogen zeigten sich
Differenzen in Hinsicht auf den Therapieeffekt. Insgesamt
Gesamtkollektiv 6,9 ± 5,0 10,6 ± 7,2 <0,001
konnten aber für alle Krankheitsgruppen deutliche Ver-
besserungen der Funktionen dargestellt werden.
Der Nine-Hole-Peg-Test hat besondere Bedeutung für
Patienten mit distal betonten Funktionsstörungen, so bei
Patienten mit HMSN und myotoner Dystrophie Typ 1. Für
beide Gruppen wurden die jeweils längsten Zeiten bei
Aufnahme und Entlassung gemessen. Dennoch waren
in beiden Gruppen die Veränderungen unter der Thera-
pie mit p≤0,01 signifikant. Im Vergleich zu den anderen
Diagnosegruppen wiesen die Patienten mit HMSN mit
Abnahme der benötigten Zeit um 16,9 % einen deutlichen
Therapieeffekt auf, während die Patienten mit myotoner
Dystrophie hier nur eine geringe Verbesserung von 6,8 %
Tab. 13: Therapieeffekte nach den Krankheitsgruppen aufgeschlüsselt – »Brücke«
erreichten. In allen anderen Bereichen erzielten die
Patienten mit myotoner Dystrophie aber Werte, die den
Ergebnissen der Gesamtgruppe entsprachen.
Stufen, davon konnten vier Patienten nicht bei Aufnah-
Bei der Beurteilung der Armabduktion wiesen die
me, aber bei Entlassung Treppenstufen aufwärts gehen. Patienten mit FSHD und spinaler Muskelatrophie die
76 | Neurologie & Rehabilitation 1 · 2012
Rehabilitation bei neuromuskulären Erkrankungen
schwerpunktthema
niedrigsten Werte auf. In beiden Gruppen konnte eine
Testwert Testwert Verände-
deutliche Verbesserung um 40,5 % bzw. 39,3 % erreicht
bei Aufn. (MW) vor Entl. (MW) (Wilcoxon-Test)
werden, die jeweils über dem Durchschnitt der Gesamt-
Gesamtkollektiv 14,7 ± 10,3 17,9 ± 12,0 < 0,001
Bei Patienten mit Postpolio-Syndrom (PPS) wird häu-
fig in Zweifel gezogen, ob sie eine Zunahme von Funkti-
onen erreichen können. Sie wiesen in allen im Vergleich
der Krankheitsgruppen dargestellten Parametern Verbes-
serungen auf, die über denen der Gesamtgruppe lagen. So
konnten sie z. B. bzgl. der »Brücke« eine Verbesserung von
über 60 % des initialen Mittelwertes (7,8 ± 4,9) erreichen.
Die Patienten mit Muskeldystrophien vom Glieder-
gürteltyp (LGMD) erreichten bei Aufnahme bzgl. der
Repetition des Anhebens des Gesäßes von der Unterlage
die geringsten Werte (4,7 ± 5,6), was in Anbetracht der
proximal und in der Regel im Bereich der unteren Extremi-
täten betonten Paresen zu erwarten war. Es fand sich gera-
Tab. 14: Therapieeffekte nach den Krankheitsgruppen – Treppenstufen aufwärts
de in dieser Gruppe der höchste Therapieeffekt von 63,2 %.
Ob die dargestellten Verbesserungen Folge einer
Testwert Testwert Verände-
Zunahme der Kraft oder einer Optimierung der Koor-
bei Aufn. (MW) vor Entl. (MW) (Wilcoxon-Test)
dination sind, wurde nicht untersucht und ist für den
Gesamtkollektiv 20,6 ± 14,9 17,3 ± 13,4 <0,001
Effekt auch ohne Bedeutung. Entscheidend ist, ob die
Patienten von der Behandlung im Alltag profitieren.
Die deutlichen Verbesserungen der alltagsrelevanten
Parameter wie auch nicht systematisch erhobene kata-
mnestische Angaben erneut aufgenommener Patienten
legen dies nahe. Eine genauere Beurteilung könnte in
einer Nachfolgestudie gezielt untersucht werden.
Unter der Zusammenschau der Daten aus dem kli-
nischen Alltag konnte mit einer vergleichsweise großen
Zahl von Patienten mit den sonst seltenen Krankheiten
deutlich gezeigt werden, dass auch bei den chronisch
progredienten neuromuskulären Erkrankungen hoch-
signifikante und bedeutsame Therapieeffekte in der
Rehabilitation erreicht werden können. Einschränkend Tab. 15: Therapieeffekte nach den Krankheitsgruppen – Timed Walking Test
ist festzustellen, dass die Untersuchung nicht prospektiv,
nicht randomisiert mit Kontrollgruppe und nicht verblin-
det durchgeführt wurde. Somit wäre eine entsprechende 6. Bennett RL, Knowlton GC. Overwork weakness in partially
denervated skeletal muscle. Clin Orthop 1958; 15: 22–29.
Evaluierung in einer Folgestudie zu fordern. Andererseits
7. Böhme P, Arnold, CA. Muskeldystrophie vom Gliedergür-
wird in Anbetracht der geringen Prävalenz der Erkran-
teltyp – Therapieergebnisse physikalischer Behandlungen
kungen eine solche sehr aufwändige Studie kaum zu
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78 | Neurologie & Rehabilitation 1 · 2012
ORIGINAL ARTICLE Are Antibiotics Needed for Common Throat Infections? Farhan E Abdullah,1 Atif Rasool,2 Hafiz M Muazzam Ali,3 Fahad Shamsi3 and Wardah Muazzam3 ABSTRACT Objective: Ever fuelling antibiotic use and resulting resistance is still prevalent in our society most commonly prescribed for throat infections. However community acquired throat infections are known to be caused mos
Verein für medizinische Qualitätskontrolle Association pour le contrôle de Qualité médical Associazione per il controllo di qualità medico Kommentar zum Ringversuch 2012-1 Allgemeine Hinweise Sie finden sämtliche wichtigen Informationen, ausführliche Berichte sowie Anleitungen auf www.mqzh.ch. H3 – Differentialblutbild Ausstrich H3-A stammt von einer gesunden Mitarbeiterin. Ausstric