Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 54 (4), 2006, 277–292
Fachbereich Psychologie, Universität Hamburg
Zusammenfassung. Obwohl zwanghafte und stereotype Verhaltensmuster zu den Kernsymptomen autistischer Störungen gehören, wur- den diese Phänomene bisher nur unzureichend erforscht. Beim Asperger-Syndrom sowie beim High-functioning-Autismus kommen zumeist umschriebene, stereotype Spezialinteressen hinzu, die oftmals als «Obsession» bezeichnet werden. Ebenso leiden autistische Patienten immer wieder unter Zwangsgedanken (obsessions) und Zwangshandlungen (compulsions) im Sinne der DSM-IV-Kriterien der Zwangsstörung (OCD), die mit Leidensdruck und Alltagsbeeinträchtigungen einhergehen. Zwangsstörungen und Autismus weisen phä- nomenologische und pathogenetische Gemeinsamkeiten auf, letztere vorwiegend auf neurobiologischer, kognitiver und genetischer Ebe- ne. Autismusspezifische Zwangssymptome (ATZ) müssen grundsätzlich von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen abgegrenzt wer- den, wobei die Übergänge fließend sein können. Weitere Untersuchungen sind nötig, um der Beantwortung der Frage näher zu kommen, welche Zwangsphänomene als integraler Bestandteil autistischer Symptomatiken zu werten sind und in welchen Fällen sie als Symptome einer komorbiden Zwangsstörung aufgefasst werden müssen. Schlüsselwörter: autistische Störungen, Zwangsphänomene, Asperger-Syndrom, High-functioning-Autismus, Spezialinteressen, Zwangsgedanken, Zwangshandlungen Obsessive-Compulsive Phenomena in Asperger’s Disorder and High-Functioning-Autism Summary. Although obsessive-compulsive, ritualistic and stereotyped behaviors are a core feature of autistic disorders, substantial data related to those phenomena are lacking. Ritualistic and stereotyped behavior can be found in almost all autistic patients. Additionally, cognitive able individuals with Asperger’s disorder and high-functioning autism mostly develop circumscribed, often called «obsessional» interests and preoccupations. Results from recent research indicate that autistic individuals frequently suffer from OCD-typical obsessions and compulsions associated with marked distress and interference with daily life. Results from recent research indicate phenomenological similarities between OCD and autism. Etiologic overlap between the disorders becomes especially evident when focussing cognitive, neurobiological and genetic aspects. Autism-related obsessive-compulsive phenomena have generally to be differentiated from OCD- symptoms, although there is no sharp borderline. Further research will be necessary to determine if obsessive-compulsive symptoms in autistic disorders should be regarded as an integral part of those disorders or if they are to be diagnosed as symptoms of a distinct condition which is comorbid obsessive-compulsive-disorder. Keywords: autistic disorders, obsessive-compulsive phenomena, Asperger’s disorder, high-functioning autism, special interests, obses- sions, compulsions Einleitung
& Lewis, 2000). Die Verhaltensweisen werden nebenSchwierigkeiten im Kommunikationsbereich und solchenauf der Ebene sozialer Interaktion einheitlich als drittes
Hintergrund
Kernmerkmal autistischer Störungen charakterisiert (Kusch& Petermann, 2002). Die heterogenen Verhaltensweisen rei-
Sowohl Kanner (1943) als auch Asperger (1944), die erst-
chen von motorischen Stereotypien über das zwanghafte
mals Kinder mit autistischer Symptomatik beschrieben ha-
Bestehen auf Gleicherhaltung der Umwelt bis zur ritualisier-
ben, nannten beide zwanghaft-ritualisierte, repetitive und
ten Beschäftigung mit Objekten. Beim Asperger-Syndrom
stereotype Verhaltensweisen als drittes Kernmerkmal dieser
(AS) und beim High-functioning-Autismus (HFA) finden
Störungsbilder (vgl. Ridley, 1994; Bodfish, Symons, Parker
sich zusätzlich hervorstechende stereotype Sonderinteres-
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C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
sen, die den Betroffenen fesseln und gleich einer «Obses-
munikationsbereich und ritualisiert-stereotypen Verhal-
sion» für sich einnehmen (siehe Asperger, 1944).
tensweisen, die im Gegensatz zu den von Kanner geschil-
Zwanghafte Verhaltensmuster bei typischen Zwangsstö-
derten Fällen gute sprachliche und kognitive Fähigkeiten
rungen (OCD) und autistischen Störungen werden oftmals
entwickelten und darüber hinaus durch ausgefallene, ste-
als Teil einer sich überlappenden Klasse von Verhaltens-
reotype Spezialinteressen auffielen. Typisch autistische
mustern betrachtet (Gross-Isseroff, Hermesh & Weizman,
Merkmale können folglich ebenso bei Individuen mit hoch
2001; Winter & Schreibman, 2002). Die bisherige Daten-
entwickelten sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten vor-
lage spricht dafür, dass der Entwicklung pathologischer, re-
kommen (Baron-Cohen, 2004; Wing, 2005). Das Asper-
petitiver Verhaltensweisen bei OCD und bei autistischen
ger-Syndrom, das erstmalig in den 90er Jahren Eingang in
Störungen ein ähnliches biobehaviorales Modell zugrunde
die diagnostischen Klassifikationssysteme fand, repräsen-
liegt (Winter & Schreibman, 2002). Ferner deuten Ergeb-
tiert somit eine Autismus-Variante mit hohen kognitiven
nisse aus der neurobiologischen und pharmakologischen
Fähigkeiten innerhalb des Autismus-Spektrums.
Forschung auf eine Überlappung der Neuropathologie bei-
Ebenso hat sich die Kategorie des so genannten High-
der Störungsbilder hin (Damasio & Maurer, 1978; Hollan-
functioning-Autismus etabliert, der durch das Vorhanden-
der et al., 2005), was auch durch molekulargenetische Un-
sein von IQ-Werten > 70 vom Low-functioning-Autismus
tersuchungen und Familienstudien gestützt wird (u. a. Bol-
(Howlin, 2004, p. 6) unterschieden wird. Nach den formel-
ton, Pickles, Murphy & Rutter, 1998; Ozaki et al., 2003).
len diagnostischen Kriterien für das AS unterscheiden sich
Fallstudien über Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
weder die sozialen Defizite noch die ritualisierten und ste-
bei Jugendlichen mit OCD enthalten des Öfteren Beschrei-
reotypen Verhaltensweisen von denen bei autistischen Stö-
bungen ritualisierter Verhaltensweisen, die auch bei autis-
rungen incl. HFA. Neuere Ergebnisse (Überblick bei How-
tischen Störungen typisch sind (Winter & Schreibmann,
lin, 2004) konnten keine Basis für die Rechtfertigung einer
2002). Andererseits erfüllen repetitive Verhaltensmuster
getrennten Klassifikation von AS und HFA liefern, was
bei Autismus und OCD häufig unterschiedliche subjektive
auch auf den Bereich zwanghafter, ritualisierter und stereo-
Funktionalitäten (Hand, 1992; Kennedy, Meyer, Knowles
typer Verhaltensweisen zutrifft (siehe auch South, Ozonoff
& Shukla, 2000). Aufgrund der sprachlichen Defizite vieler
& McMahon, 2005). Differenzialdiagnostisches Kriterium
autistischer Individuen war es bisher schwer zu bestimmen,
ist das Vorhandensein normaler kognitiver Fähigkeiten und
ob diese typische Zwangsgedanken und Zwangshandlun-
das Fehlen bzw. die schwächere Ausprägung einer sprach-
gen im Sinne einer OCD-Symptomatik aufweisen (Baron-
lichen Entwicklungsverzögerung bei AS und HFA (Baron-
Cohen, 1989). Nach Ergebnissen neuerer Untersuchungen
weisen Betroffene von Autismus zwar phänomenologischteilweise differierende, doch typische OCD-Symptome auf(McDougle, Price & Goodman, 1995; Gillott, Furniss &
Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
Walter, 2001; Russell & Sofronoff, 2005), wobei insbeson-dere beim AS und HFA neben stereotypen Sonderinteres-
Zwanghafte Verhaltens- und Erlebensweisen kommen in
sen auch mit deutlichem Leidensdruck einher gehende
nicht-klinischen Populationen und bei verschiedenen orga-
Zwangsgedanken und Zwangshandlungen vorkommen
nischen und psychischen Störungen vor (Wewetzer &
(Russell, Mataix-Cols, Anson & Murphy, 2005). Die vor-
Warnke, 2004). Diese sind von typischen Zwangsstörun-
liegende Literaturübersicht soll einen Beitrag zur Beant-
gen (engl. obsessive-compulsive disorder; OCD) abzu-
wortung der Frage leisten, in welchen Fällen die Symptome
grenzen, deren Kernsymptome vielgestaltige Zwangsge-
auf ein gehäuft vorkommendes Vorliegen einer komorbi-
danken und Zwangshandlungen sind. Diese nehmen Zeit
den OCD hinweisen. Dieses hätte neben differenzialdiag-
in Anspruch, sorgen für Leidensdruck, stören den Tagesab-
nostischen Implikationen auch Bedeutung für die Integra-
lauf und/oder beeinträchtigen den Schul- und Berufsalltag,
tion spezifischer kognitiv-verhaltenstherapeutischer und
soziale Aktivitäten oder die Beziehung zu Mitmenschen.
pharmakologischer Interventionen (Russell et al., 2005).
Zwangsgedanken sind Angst oder sonstiges Unbehagenhervorrufende aufdringliche Gedanken, Impulse oder Bil-der, die sich gegen den Willen des Patienten aufdrängen,diesen stereotyp beschäftigen und als unangemessen emp-
Autismus, High-functioning-Autismus und
funden werden (DSM-IV; APA, 2000). Sie bestehen oft-
Asperger-Syndrom
mals in der Befürchtung eines bevorstehenden Unheils, dasnahe stehende Personen oder auch die eigene Person treffen
Zwanghaft-ritualisierte und stereotype Verhaltensweisen
könnte, für das sich der Patient schuldig oder verantwort-
werden sowohl beim frühkindlichen Autismus (vgl. Probst
lich fühlt (Hoffmann & Hofmann, 2004).
& Hillig, 2005) als auch beim High-functioning-Autismus
Zwangshandlungen sind kaum zu unterdrückende
(HFA) und dem Asperger-Syndrom (AS) beschrieben
Handlungen und Rituale, die Patienten ausführen, um die
(Kanner, 1943; Asperger, 1944). Unabhängig von Kanner
durch die Zwangsgedanken ausgelösten Ängste und ande-
beschrieb Asperger (1944) Kinder mit ähnlichen Beein-
res Unbehagen zu neutralisieren. Dies erfolgt durch unmit-
trächtigungen in sozialer Interaktion, Defiziten im Kom-
telbare direkt mit der Bedrohung verknüpfte Handlungen,
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C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
Rückversicherungen zur eigenen Beruhigung oder auch
schen dem zweiten und vierten Lebensjahr auf. Diese po-
durch magische Handlungen (APA, 2000). Zu den häufigs-
sitiv erlebten Zwangsphänomene äußern sich zum Beispiel
ten Zwangsgedanken zählen Vorstellungen bezüglich Kon-
in stereotypen Fragen, dem Beharren auf bestimmten Ge-
tamination, Befürchtungen hinsichtlich Tod oder Krank-
wohnheiten, Bettgehritualen und ritualisiertem Spiel (Bet-
heit, pathologische Zweifel, körperbezogene, auf Ordnung
telheim, 1987; Wewetzer & Warnke, 2004). Ferner treten
und Symmetrie bezogene, aggressive, religiöse und sexuel-
im Kindesalter typische motorische Stereotypien wie
le Gedanken. Häufige Zwangshandlungen sind Wasch-
Schaukeln, Grimassieren oder Nägelkauen auf, was insbe-
zwänge (exzessives und ritualisiertes Händewaschen),
sondere in Konzentrationsphasen, bei Erregung, Frustra-
Wiederholungszwänge (z. B. das wiederholte Sprechen
tion oder Langeweile der Fall ist (Tröster, 1994). Repetitive
oder Schreiben von Wörtern) und Kontrollzwänge (z. B.
Verhaltensweisen bei autistischen Störungen sind oftmals
Kontrollieren von Türschlössern oder elektrischen Gerä-
nicht störungsspezifisch, da viele auch während der norma-
ten), Ordnungszwänge, Zählzwänge, Fragezwänge sowie
len Entwicklung anzutreffen sind (Militerni, Bravaccio,
Sammel- und Hortzwänge (Rasmussen & Eisen, 1992;
Falco, Fico & Palermo, 2003). Bei Kindern mit typischer
Volk, 1998; Hoffmann & Hofmann, 2004).
Entwicklung lassen sich repetitive Verhaltensweisen nachGreaves, Prince, Evans und Charman (2006) in zwei Grup-pen unterteilen:– «Repetitives Verhalten und Bestehen auf Gleicherhal-Methodik tung der Umwelt»: Wiederholen bestimmter Handlun-gen; ritualisierter Tagesablauf.
Zwecks Erfassung der Forschungsliteratur über Zwangs-
– «Just-Right-Behaviors»: Verhaltensweisen, die so lan-
phänomene bei autistischen Störungen wurden innerhalb
ge/oft wiederholt werden, bis ein bestimmtes subjekti-
eines Suchzeitraums von 1977–2006 Recherchen in den
Online-Datenbanken MEDLINE, Psyndex und PsycInfodurchgeführt. Dabei wurden die Suchbegriffe «autism»
Nach Evans, Canavera, Kleinpeter, Maccubin und Taga
und «Asperger» jeweils mit «OCD», «compulsions», «ob-
(1997; zit. nach Winter & Schreibman, 2002) findet in der
sessions», «rituals», «stereotypies» und «repetitive» kom-
normalen Entwicklung ein Übergang von «repetitivem
biniert. Bei der Online-Recherche wurden diejenigen Ar-
Verhalten und Bestehen auf Gleicherhaltung der Umwelt»
beiten selegiert, die sich auf die differenzierte Beschrei-
zu «Just-Right-Behaviors» statt. Auch bei OCD und autis-
bung, Analyse und Klassifikation zwanghafter Symptome
tischen Störungen werden bestimmte Rituale oftmals mit
innerhalb autistischer Störungen konzentrieren sowie de-
der Zeit durch andere abgelöst (Jans & Wewetzer, 2004;
ren Beziehung zueinander thematisieren. Es fanden sich
Howlin, 2004). Rapoport (1989) stellte die entwicklungs-
neben Arbeiten zum Thema «Autismus» und dem Thema
psychologisch relevante Frage, ob nicht das ritualisierte
Spiel eines Vierjährigen mit einem bestimmten Objekt zum
– Arbeiten zu Schnittflächen der Phänomenologie, Neuro-
Beispiel dessen altersbezogene Variante eines Wasch- oder
biologie und Genetik von Autismus und Zwangsphäno-
Kontrollzwangs sein könnte (vgl. Winter & Schreibman,
– Literaturarbeiten und Studien über die generelle Phäno-
Sowohl OCD-Betroffene als auch solche autistischer
menologie repetitiven und stereotypen Verhaltens,
Störungen zeigen zwanghaft-ritualisiertes Verhalten,
– pharmakologische Studien und Verhaltenstherapiestu-
zwanghaftes Bestehen auf Gleicherhaltung der Umwelt,
haben ein starkes Bedürfnis nach Symmetrie und dem sys-
– zwei Studien zur konkreten Erfassung von Zwangsge-
tematischen Ordnen bestimmter Gegenstände (Winter &
danken und Zwangshandlungen bei autistischen Störun-
Schreibman, 2002). Auch finden sich bei autistischen Stö-
rungen typische Zwangshandlungen wie Wasch-, Kontroll-oder Wiederholungszwänge (McDougle et al., 1995), bei
Die Recherche-Ergebnisse wurden passend zu den thema-
AS/HFA kommen auch typische Zwangsgedanken vor
tischen Einheiten der Abhandlung zusammengetragen und
(Russell et al., 2005). Die als ich-dystones Leiden empfun-
denen Zwangsgedanken und Zwangshandlungen müssentrotz gelegentlicher Überschneidungen (Jörgensen, 1994)von angenehm erlebten zwanghaft-stereotypen Sonderin-teressen unterschieden werden (Russell et al., 2005; South
Autismus und OCD: Phänomenologische Gemeinsamkeiten Symptomatik Komorbidität
Entwicklungstypische zwanghaft-ritualisierte Verhaltens-
Sowohl bei OCD als auch bei autistischen Störungen findet
weisen treten bei den meisten Kindern vorwiegend zwi-
sich zum Teil ein ähnliches Muster komorbider Störungen.
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C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
So gibt es bei beiden Phänomenen ein gehäuftes Vorkom-
Autismus (insbesondere AS/HFA) und so genannten schi-
men von affektiven Störungen, Angststörungen und Ticstö-
zotypen Störungen (Tantam, 1988) als auch solche zwi-
rungen (Rasmussen & Eisen, 1992; Warnke, 1998). Beje-
schen bestimmten OCD-Subtypen und dem schizotypen
rot, Nylander und Lindström (2001) zeigten ferner, dass bei
Formenkreis (vgl. Andresen & Maß, 2001). Psychotische
OCD und AS/HFA ein ähnliches Muster komorbider Per-
Symptome wie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen
sönlichkeitsstörungen aus Cluster-A (v. a. paranoide und
sind in der Regel weder bei Autismus noch bei OCD vor-
ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörungen) anzu-
(d) Weitere gemeinsame Komorbiditäten von OCD und
(a) Die Ansicht, dass AS/HFA-Betroffene verglichen
Autismus gibt es hinsichtlich Ticstörungen (Rasmussen &
mit solchen sonstiger autistischer Störungen ein höheres
Eisen, 1992; Warnke, 1998). So gibt es ein breites Spekt-
Risiko haben, komorbide Depressionen und Angststörun-
rum klinischer Manifestationen von Ticsymptomen und
gen zu entwickeln, wurde bisher durch Studien nicht belegt
Merkmalen des Tourette-Syndroms bei AS-Betroffenen,
(Howlin, 2004, p. 281). Depressionen treten bei AS/HFA
die teilweise mit sensorischen Defiziten assoziiert sind
vorwiegend in der Adoleszenzzeit mit dem Bewusstwerden
(Ringman & Jankovic, 2000). Die Abgrenzung zwischen
der Diskrepanz zwischen kognitiven Fähigkeiten und so-
motorischen Stereotypien, Manierismen und Tics ist zu-
zialen Problemen auf (Kusch & Petermann, 2002). Auch
meist nicht eindeutig vorzunehmen. Im Kindes- und Ju-
bei Zwangsstörungen spielen die negativen psychosozialen
gendalter finden sich oftmals Überschneidungen zwischen
Auswirkungen der Zwänge (Probst, Asam & Otto, 1979)
OCD, Autismus, Tics und Aufmerksamkeits-Defizit-Hy-
eine Rolle bei der Entwicklung depressiver Symptome.
peraktivitätssyndrom (ADHS), die alle mit Aufmerksam-
(b) AS/HFA-Betroffene leiden wie auch Zwangspatien-
keitsdefiziten, Impulsivität und motorischer Unruhe ein-
ten oftmals unter phobischen Ängsten (Rasmussen & Ei-
hergehen können (Warnke, 1998; Samet, 2006).
sen, 1992; Howlin, 2004). Diese Ängste weisen ein spezi-
(e) Die Anorexia nervosa wird sowohl bei OCD (We-
fisches Profil auf (Evans et al. 2005; Russell & Sofronoff,
wetzer & Klampfl, 2004) als auch bei Autismus als komor-
2005), wobei die Befunde hierzu inkonsistent sind. Gillott
bide Störung angetroffen, vor allem bei AS/HFA. Fisman,
et al. (2001) fanden ein gehäuftes Vorkommen von Symp-
Steele, Short, Byrne und Lavallee (1996) zeigen anhand
tomen der Trennungsangst bei Kindern mit HFA. Russell
eines Falls von parallel auftretender Anorexia nervosa und
und Sofronoff (2005) wiederum stellten bei AS-Betroffe-
HFA die Überlappung von Störungen, deren Gemeinsam-
nen eine Häufung von Ängsten vor körperlicher Verletzung
keit im Vorliegen zwanghafter Merkmale besteht. Auch
fest, während gerade diese nach Evans et al. (2005) in der
Jörgensen (1994, pp. 91) konnte auffällige Überschneidun-
Gruppe des Autismus-Spektrums unterrepräsentiert sind.
gen zwischen Anorexia nervosa und AS hinsichtlich
Ängste bei AS/HFA sind oftmals mit autismusbezogenen
zwanghafter Beschäftigung mit dem Gewicht und Ähnlich-
Problemverhaltensweisen assoziiert (Evans et al., 2005).
keiten im kognitiven Entwicklungsprofil feststellen.
(f) Verschiedene Formen von Anfallsleiden wie Epilep-
sie treten in etwa 25–30 % der autistischen Patienten auf
– Fehlschläge bei der Bewältigung von Aufgaben,
(Howlin, 2004, p. 275). Die Epilepsie wird von einigen Au-
toren aufgrund parallelen Auftretens mit OCD in einigen
– Dinge, die nicht in erwarteter Weise ablaufen und ein-
Fällen und neurobiologischen Gemeinsamkeiten zum
Zwangsspektrum gerechnet (Wewetzer & Klampfl, 2004).
Sensorische Überladung kann eher als autismusspezifi-scher Angstauslöser gelten, wohingegen die Funktion vonRitualen zur Angstreduktion sowohl bei autistischen Stö-
Überschneidungen in Ätiologie und
rungen (Howlin, 2004, p. 137) als auch bei OCD anzutref-
Pathogenese
fen ist (DSM-IV; APA, 2000). Die OCD-spezifische Funk-tion von Zwangsritualen zur Reduktion der Angst vor
Neuropathologie und Umwelteinflüsse
Schuld durch die symbolische Abwendung konkret be-fürchteter Katastrophen (Hoffmann & Hofmann, 2004,
Sowohl Zwangsstörungen (OCD) als auch autistische Stö-
p. 118) wurde bei autistischen Störungen bisher nicht nach-
rungen haben eine neurobiologische Grundlage, wobei ge-
netische Faktoren große Bedeutung haben (Kusch & Peter-
(c) Autistische Störungen wurden in früheren Jahren oft-
mann, 2002; Steketee & Pigott, 2006). Die neurobiologi-
mals als «Kindheits-Schizophrenie» diagnostiziert, wobei
schen Studien zur autistischen Störung (vgl. Rapin &
neuere große Studien kein erhöhtes Vorkommen komorbi-
Katzman, 1998; Baron-Cohen, 2004) liefern keine eindeu-
der schizophrener Symptome bei Autismus zeigen konnten
tigen Hinweise auf eine spezifische Neuropathologie, wo-
(Howlin, 2004, pp. 271). Ebenso selten gehen OCD, die
bei neurologische Korrelate einzelner Aspekte des hoch
auch oftmals mit Schizophrenien in Verbindung gebracht
komplexen Störungsbildes identifizierbar sind (Warnke,
wurden, in solche über (Hand, 1992). Vielmehr gibt es so-
1998). Gefunden wurden u. a. voluminetrische und struk-
wohl Gemeinsamkeiten und Überschneidungen zwischen
turelle Veränderungen im Cerebellum, Abnormitäten im
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C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
Frontalhirn, im Hippocampus, der Amygdala (Herbert et
Zusammenhang isolierte Zwangsphänomene und Stereoty-
al. 2003; Baron-Cohen et al., 2004; Boucher et al., 2005)
pien bei autistischen Störungen auf das Problem fehlender
und dem Corpus callosum (Boger-Meggido et al., 2006).
zentraler Kohärenz zurück (auch Baron-Cohen, 2004). Da-
Obwohl es auch bei OCD kein einheitliches neuropatho-
nach führt eine Informationsüberlastung auf sensorischer
logisches Modell gibt, konnten einige pathogenetisch rele-
Ebene zu einer zufälligen Ausrichtung des Aufmerksam-
vante Faktoren isoliert werden (Ebert & Hohagen, 1997).
keitsfokus (Frith, 1992). Passend hierzu fanden Perry, Mi-
Vor allem die unmittelbare Entstehung von OCD nach Ge-
nassian, Lopez, Maron und Lincoln (2006) bei erwachse-
hirnverletzungen und Infektionen (Volk, 1998), die Ergeb-
nen Autisten eine mit frontaler Dysfunktion assoziierte
nisse von PET- und MRT-Untersuchungen sowie die Ef-
mangelnde inhibitorische Regulation des sensorischen In-
fektivität gezielt in die Neurobiochemie eingreifender An-
puts, motorischer Mechanismen sowie der Aufmerksam-
tidepressiva und verhaltenstherapeutischer Maßnahmen
haben zur Entstehung neurobiologischer Modelle beigetra-
Nach Frith (1992) konzentrieren sich autistische Men-
gen (Moll, Hüther & Rothenberger, 1999). Neurobiologi-
schen unter Vernachlässigung globaler Zusammenhänge
sche Korrelate der OCD weisen zum Teil Überschneidun-
vorwiegend auf Ausschnitte und Einzelelemente der Um-
gen mit denen autistischer Störungen auf, die v. a. hinsicht-
welt, was sich in Stereotypien, Ritualen und Spezialinte-
ressen äußern kann. Bei OCD-Symptomen wird oftmals
unter Vernachlässigung des Gesamtzusammenhangs die
Umwelteinflüsse können zwanghaft-ritualisierte Verhal-
Kontrolle über einen kleinen Ausschnitt der Umwelt ange-
tensweisen autistischer Menschen verstärken, abschwä-
strebt (Moll et al., 1999), wobei der Aufmerksamkeitsfokus
chen oder verändern (Schmidt, 1998). Bei OCD können
auf dysfunktionale Gedanken und Handlungsimpulse ge-
familiäre Interaktionsmuster und Erziehungsstile über Mo-
richtet ist. Nach Frith (1992) kann repetitives Verhalten nur
delllernen und kognitive Prozesse zur Symptomentstehung
bei Anerkennung durch eine zentrale Überwachungsein-
beitragen (Beck, 2004), belastende Lebensereignisse kön-
heit unterbrochen werden. Eine solche Überwachungs- und
nen als Stressfaktoren Zwänge beeinflussen (Hand, 1992).
Selbststeuerungseinheit kann durch eine kortikale Störung
Bei autistischen Störungen hängt die Ausprägung rituali-
bei OCD und autistischen Störungen dysfunktional sein,
sierten Verhaltens auch von der Entwicklung sozialer, kom-
wodurch die Betroffenen kein internes, automatisches Sig-
munikativer und kognitiver Fähigkeiten ab. Je defizitärer
nal im Sinne eines Kriteriums für die Beendigung von
diese sind, umso größer ist der Raum, den zwanghaft-ritu-
Handlungen und Gedankenabläufen erhalten (Schwartz,
alisierte Verhaltensmuster im Alltag einnehmen (Howlin,
1992; 1997). Durch das Ausbleiben der inneren Regulation
2004, p. 137). Auch OCD-Symptome haben bedeutende
weichen sie auf die externale Regulationsebene der
Funktionalitäten im Leben der Betroffenen, da diese auch
Zwangsrituale aus, wo Rückmeldungen von sichtbaren Ef-
als «Beschäftigung» in einem unausgefüllten Leben fun-
fekten abgeleitet werden (Hoffmann & Hofmann, 2004,
gieren und Gefühle innerer Leere neutralisieren können
(Hand, 1992). Die Abhängigkeit von zwanghaften Verhal-
(b) Defizite in den exekutiven Funktionen wurden so-
tensmustern steigt grundsätzlich, je schlechter die psycho-
wohl bei OCD als auch bei verschiedenen autistischen Stö-
soziale Anpassung im beruflichen und privaten Bereich ist
rungen, inkl. AS/HFA festgestellt (Russell et al., 2005).
und je weniger Potenzial die Betroffenen haben, ihr Leben
(c) Nach dem kognitiv-behavioralen Modell der OCD
mit sinnerfüllten Aktivitäten zu gestalten (Howlin, 2004,
(Salkovskis, Forrester & Richards, 1997) werden aufdring-
liche, primär jedoch emotional neutrale Gedanken wie «Ichkönnte mich mit Aids infiziert haben» im Sinne einerAngst- oder Schuldbesetzung affektiv bewertet, wodurch
Kognitive Defizite
ihre Aufdringlichkeit erhöht wird. Durch Zwangshandlun-gen kann die auftretende Angst kurzfristig neutralisiert
Möglicherweise liegen OCD und Autismus teilweise ähn-
werden, wodurch sich wiederum die Bedeutung des Ge-
liche Defizite in der Informationsverarbeitung zugrunde
dankens erhöht (Salkovskis et al., 1997). Auch der kogni-
(Winter & Schreibmann, 2002), die u. a. durch eine korti-
tive Stil bei autistischen Patienten kann ähnlich wie bei
kale Störung verursacht sein können (Schwartz 1992; Mur-
OCD zur spezifischen Bewertung dieser Gedanken beitra-
phy et al., 2002). So gibt es Belege für Schwierigkeiten bei
der Aufmerksamkeitsfokussierung bei autistischen Patien-
(d) Die durch die Störung autonomer Regulationspro-
ten (Schmidt, 1998) und Zwangspatienten, die ihre Auf-
zesse ausgelöste defizitäre Habituation an neue Reize
merksamkeit schwer von unerwünschten Gedanken und
(Dawson, 1991; zit. n. Kusch & Petermann, 2002) könnte
Impulsen ablenken können (Schwartz, 1992). Hierzu exis-
bei Autisten eine Erklärung für das zwanghafte Bestehen
tieren diverse Theorien und Befunde.
auf absolute Gleicherhaltung der Umwelt liefern. Eine Ur-
(a) Die Präferenz lokaler Informationsverarbeitungsstra-
sache für die Habituationsschwäche kann die mehrfach
tegien gegenüber globalen wurde sowohl bei autistischen
festgestellte Fehlfunktion der bei der Entstehung von Angst
Störungen als auch bei OCD festgestellt (Russell et al.,
beteiligten Amygdala sein (Amaral & Corbett, 2002), die
2005). Nach Frith (1992) gehen dysfunktionale, aus dem
auch bei der Pathogenese von OCD beteiligt ist (Ebert &
Z. Psychiatr., Psychol. Psychother. 54 (4) 2006 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
Hohagen, 1997). Bereits minimale, als bedrohlich erlebte
änderungen des Metabolits wurden auch bei OCD-Patien-
Veränderungen im Alltag führen bei autistischen Patienten
ten beobachtet (Ebert & Hohagen, 1997). Andere Autoren
des Öfteren zu Angstzuständen (Lehmkuhl & Döpfner,
fanden wiederum eine erniedrigte Aktivität im orbitofron-
1999). Befunde einer reduzierten P-300 Wellenamplitude
talen Kortex autistischer Patienten (Baron-Cohen, 2004).
im EEG autistischer Kinder können als neurophysiologi-
Die bei Autismus häufiger gefundenen Abnormitäten im
scher Hinweis auf die fehlende Ausrichtung der Aufmerk-
Corpus callosum (Boger-Meggido, 2006) können nach
samkeit auf neue und unvorhersagbare Reize dienen
MacMaster et al. (1999), der auch solche bei Kindern und
(Warnke, 1998). Das Verharren in rigiden, zwanghaften
Jugendlichen mit Zwängen feststellte, die Signaltransduk-
Verhaltensmustern könnte die Funktion einer Abschirmung
tion zwischen Kortex und Basalganglien verändern (siehe
gegen neue und unbekannte Reize haben, die mit Gefühlen
Mehler-Wex & Wewetzer, 2004), was zu einer schlechten
von Angst und Bedrohung einhergehen.
Verbindung zwischen kortikalen und subkortikalen Struk-turen (Schmidt, 1998) führt. Bei autistischen Störungenfinden sich häufig voluminetrische Veränderungen im
Überlappung neuroanatomischer Befunde
Cerebellum (Baron-Cohen, 2004), die auch bei früh er-krankten Zwangspatienten beschrieben wurden und sich
Mehrere Autoren kamen bei der Analyse behavioraler und
durch Veränderungen bestimmter Schaltkreise auf kogniti-
motorischer Störungen bei frühkindlichem Autismus zu
ve Funktionen auswirken können (Mehler-Wex & Wewet-
der Hypothese der Involvierung kortiko-striatal-thalami-
scher Strukturen (Damasio & Maurer, 1978), die auch ent-
(c) Verschiedene Autoren fanden in der Amygdala au-
scheidend an der Pathogenese von OCD beteiligt sind
tistischer Patienten funktionale (Amaral & Corbett, 2002)
(Ebert & Hohagen, 1997). Bradshaw und Sheppard (2000)
sowie auch voluminetrische Veränderungen im Sinne einer
betonen die wichtige Rolle des fronto-striatalen Systems
Verkleinerung (Baron-Cohen, 2004; Rojas et al., 2004)
(dorsolateraler, präfrontaler Kortex, anteriores Cingulum,
bzw. einer Vergrößerung (Schumann et al., 2004). Eine
Basalganglien) bei verschiedenen Störungsbildern mit ge-
auch bei autistischen Störungen gefundene Überfunktion
netischer Komponente, unter anderem bei Zwangsstörun-
der Amygdala kann zu Phobien und Ängsten beitragen
gen und Autismus. Störungen in spezifischen Regionen des
(Amaral & Corbett, 2002). Eine wichtige Aufgabe der
Systems, welche in Änderungen von so genannten adaptive
Amygdala ist die Identifikation von Bedrohungen und die
responses (adäquate verhaltensmäßige Reaktionen) auf
Mobilisierung adäquater verhaltensmäßiger Reaktionen,
Umweltreize resultieren, spielen danach eine übergeordne-
deren integraler Teil Angst und Furcht ist (Amaral, Bau-
te Rolle bei den genannten Störungsbildern (Bradshaw &
mann & Schumann, 2003; Wand, 2005). Die Tatsache, dass
Zwangshandlungen oftmals zur Angstreduktion ausgeführt
(a) Insbesondere bei Basalganglien-Defekten kommt es
werden und zudem eine erhöhte Aktivität der Amygdala
zu repetitiven, rigiden Handlungsabläufen, da adäquate
auch bei OCD-Patienten beobachtbar ist (Ebert & Hoha-
Reiz-Antwort-Mechanismen außer Kraft gesetzt sind
gen, 1997; van den Heuvel et al., 2004), steht im Einklang
(Mehler-Wex & Wewetzer, 2004). Verschiedene MRT-Stu-
mit diesen Ergebnissen. Verkleinerungen des Areals sind
dien der Basalganglien bei Autismus und OCD zeigten ver-
bereits unmittelbar mit zwanghaft-rigiden Verhaltensmus-
größerte Volumina des Nucleus caudatus, die eindeutig mit
tern und beschränkten, eingegrenzten Interessen in Verbin-
Zwangsritualen und motorischen Manierismen assoziiert
dung gebracht worden (Dziobek, Fleck, Rogers, Wolf &
waren (Sears et al., 1999; Hollander et al., 2005). Insbeson-
dere die Rolle des Nucleus caudatus innerhalb eines abnor-men neuralen Netzwerks ist bedeutsam bei der Entstehungritualisierter und repetitiver Verhaltensweisen (Winter &
Ungleichgewichte in
Schreibmann, 2002; Steketee & Pigott, 2006), auch Verän-derungen im Putamen können eine Rolle spielen (Maraga-
Neurotransmittersystemen
(b) Durch das Fehlen der Basalganglien-modulierten
Über eine Dysfunktion des Serotoninsystems wird in der
Hemmung des frontalen Kortex, die eine Filterfunktion
Literatur über OCD und Autismus berichtet (Winter &
zum Schutz vor zerebraler Überreizung ausübt, kann dort
Schreibmann, 2002). Während das Serotoninsystem bei
eine Hyperaktivität resultieren (Mehler-Wex & Wewetzer,
OCD innerhalb eines komplexen Wechselspiels verschie-
2004). Bei OCD kommt es zu einer erhöhten Alarmbereit-
dener Neurotransmittersysteme eine übergeordnete, modu-
schaft im orbitofrontalen Kortex, welcher unter anderem
latorische Rolle spielt (Baumgarten & Grozdanovic, 1995),
für flexible, verhaltensmäßige Reaktionen auf bestimmte
ist es bei autistischen Störungen eines von mehreren disku-
Gedanken und Impulse zuständig ist (Schwartz, 1992).
tierten Neurotransmittersystemen, zu denen auch das
Murphy et al. (2002) fanden einen signifikant erhöhten Me-
Opioidsystem und das Oxytocinsystem gehören (Gross-Is-
tabolismus im Frontalhirn von AS-Patienten, wobei insbe-
seroff et al., 2001). Letztere werden neuerdings auch im
sondere die Konzentration des Metabolits N-Acetylaspar-
Zusammenhang mit OCD diskutiert (Mehler-Wex & We-
tat positiv mit zwanghaftem Verhalten assoziiert war. Ver-
wetzer, 2004). Sowohl die Effektivität von Serotonin-Wie-
Z. Psychiatr., Psychol. Psychother. 54 (4) 2006 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
deraufnahmehemmern (SSRI) bei OCD (Greist & Jeffer-
Auch molekulargenetische Studien liefern aufschlussrei-
son, 1997) und Autismus (McDougle et al., 1990, 1993;
che Ergebnisse hinsichtlich einer gemeinsamen genetischen
Gordon, State, Nelson, Hamburger & Rapoport, 1993) als
Basis (u. a. Hollander et al., 1999; Fontenelle, Mendlovicz,
die auch die in Assoziationsstudien gefundenen Verände-
Bezerra de Menezes, dos Santos Martins & Verisano, 2004).
rungen des Serotonin-Transporter-Gens bei beiden Störun-
Veränderungen des Serotonin-Transporter-Gens wurden be-
gen (Ozaki et al., 2003; Walitza & Wewetzer, 2004) weisen
reits bei OCD und Autismus diskutiert (vgl. 4.3). In verschie-
auf eine pathogenetische Bedeutung des serotonergen Sys-
denen Studien wurde das Auftreten von Zwängen im Kindes-
tems hin. Die bei OCD effektiven SSRI konnten auch au-
und Jugendalter im Anschluss an eine Infektion mit beta-hä-
tistische Symptome bereits eindämmen, wobei die Thera-
molysierenden Streptokokken diskutiert (Moll et al., 1999).
pie neben zwanghaft-ritualisierten Verhaltensweisen in ei-
Bei der so genannten pediatric autoimmune neuropsychiatric
nigen Fällen auch Aggressivität reduzieren und das
disorder associated with strep (PANDAS) wird angenom-
Sozialverhalten verbessern konnte (Howlin, 2004, p. 290).
men, dass in manchen Fällen eine OCD-Symptomatik mit
Im Hinblick auf ticähnliche, motorische Stereotypien,
Tics ähnlich den Mechanismen bei der so genannten Chorea
die bei den meisten autistischen Störungen und Tic-assozi-
Sydenham durch eine Autoimmunantwort auf eine Strepto-
ierten OCD-Subtypen (McDougle, Goodman & Price,
kokkeninfektion ausgelöst werden kann. Sowohl bei Chorea
1993) vorkommen, ist eine Involvierung des Dopaminsys-
Sydenham als auch bei Untergruppen von OCD und dem
tems wahrscheinlich, wenn auch unklar definiert (Schmidt,
Tourette-Syndrom fand sich der genetische Befund einer ver-
1998). Die Dopaminagonisten L-Dopa und Amphetamine
stärkten Expression des D8/17-Lymphozyten-Antigens
können erwiesenermaßen stereotypes Verhalten induzieren
(Hollander et al., 1999). Eine verstärkte Expression von
(Ricciardi & Hurley, 1990), außerdem zeigten Dopaminan-
D8/17 kann auch bei Autismus-Patienten als Prädiktor für
tagonisten wie die Neuroleptika Haloperidol und Risperi-
starke Zwangshandlungen dienen (Hollander et al. 1999;
don sowohl bei Tic-assoziierten OCD-Symptomen als auch
bei autistischen Störungen bereits günstige Effekte auf dieReduktion zwanghaft-repetitiven Verhaltens, Hyperaktivi-tät und Aggressivität (Warnke, 1998; Howlin, 2004). Zwangsphänomene bei autistischen Genetische Befunde Störungen
Familienstudien demonstrieren, dass das Vorkommen von
Diagnostische Klassifikation und
Zwangsstörungen in Familien, nicht jedoch das von affek-
Abgrenzung
tiven Störungen, als Indikator für eine Vulnerabilität fürAutismus darstellen kann. Mehrere Autoren konnten zei-
Zu den autismustypischen Zwangsphänomenen (ATZ) ge-
gen, dass motorische Tics, OCD-Symptome, Angststörun-
gen und depressive Symptome signifikant gehäuft bei Vor-
– die umfassende und exzessive Beschäftigung mit meh-
fahren autistischer Patienten vorkommen, wobei von der
reren stereotypen, fesselnden, manchmal bizarren Spe-
Übertragung eines breiten Phänotyps ausgegangen wird
(Bolton et al., 1998; Macali et al., 2004). Außerdem ist das
– zwanghafte, nicht funktionale Handlungen und Rituale,
Vorhandensein von zwanghaften Symptomen bei Eltern
deren Unterbrechung Widerstand gegenüber und Angst
wahrscheinlicher, wenn die Kinder starke repetitive Ver-
haltensweisen zeigen (Hollander, King, Delaney, Smith &Silverman, 2003).
– stereotype und repetitive motorische Manierismen,
Vor allem das Bestehen auf Gleicherhaltung der Umwelt
– die abnorme Bindung an ungewöhnliche Objekte und
korreliert nach der Studie von Abramson et al. (2005) po-
– das dranghafte Beharren auf Gleicherhaltung der Um-
sitiv mit dem Vorhandensein stärkerer OCD-Symptome bei
welt (vgl. ICD-10; siehe Lehmkuhl & Döpfner, 1999;
den Eltern. Kano, Ohta, Nagai, Pauls und Leckman (2004)
fanden zwar keine signifikante Beziehung zwischenzwanghaften Symptomen bei Betroffenen von autistischen
Bei Zwangsstörungen (OCD) müssen nach ICD-10 (vgl.
Störungen und OCD-Symptomen ihrer Eltern, wobei
Wewetzer & Warnke, 2004) und DSM-IV (APA, 2000) fol-
Wasch- und Kontrollzwänge bei den Vätern von Betroffe-
nen signifikant häufiger waren als in der Kontrollgruppe.
– Es müssen Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
OCD-Patienten zeigen auch häufiger autismusähnliche so-
vorliegen, die als eigene Gedanken und Handlungen er-
ziale und kommunikative Beeinträchtigungen als es bei
lebt werden, sich dauernd wiederholen und große Angst
solchen von depressiven Störungen der Fall ist (Bolton et
al., 1998). Diese Ergebnisse werden von dem gehäuften
– Sie müssen als unangemessen anerkannt werden, wobei
Vorkommen autistischer Persönlichkeitszüge bei OCD
nach der DSM-IV-Spezialkategorie Mit wenig Einsicht
die betroffene Person nicht zur Einsicht in der Lage ist,
Z. Psychiatr., Psychol. Psychother. 54 (4) 2006 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
was häufig bei Kindern und Jugendlichen der Fall ist
müssen jedoch nicht als Indikator für Leidensdruck, offen-
sichtliche oder versteckte Ängste dienen (Howlin 2004;
– Die Betroffenen müssen Widerstand leisten, während
p. 144). Alle ATZ müssen nicht notwendigerweise zu einer
die Ausführung von Zwangsritualen unangenehm ist.
psychosozialen Beeinträchtigung führen, wobei dies oft-
– Zwangsgedanken und Zwangshandlungen müssen zu ei-
ner massiven psychosozialen Beeinträchtigung führen.
– Zwangsrituale dienen dazu, Unwohlsein oder Angst zu
verhindern, zu reduzieren oder gefürchteten Ereignissen
Spezialinteressen
Es gibt sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede
Begrenzte, zuweilen auch bizarr erscheinende Spezialinte-
zwischen ATZ und OCD-Symptomen. Turner (1997) rech-
ressen sind typisch bei Betroffenen von AS/HFA (Howlin
net obsessions und compulsions zu den ATZ. Tatsächlich
2004, pp. 138) und sind häufig mit Sonderbegabungen ver-
kann die exzessive Beschäftigung mit begrenzten Spezial-
knüpft. South et al. (2005) fanden in einer Untersuchung
interessen insbesondere Betroffene von AS/HFA gleich ei-
der Verhaltensprofile bei AS und HFA heraus, dass sich
ner «Obsession» fesseln und vereinnahmen. Bei typischen
Spezialinteressen im Entwicklungsverlauf von allen ande-
ATZ liegen jedoch keine obsessions im Sinne von Zwangs-
ren Kategorien repetitiven Verhaltens unterscheiden. Ein
gedanken vor. Nach Baron-Cohen und Wheelwright (1999)
solches Interessensgebiet, das mit der Aneignung eines
handelt es sich zumeist um die zwanghafte Beschäftigung
großen Spezialwissens einhergeht, nimmt hier einen derart
mit bestimmten Interessensgebieten und Objekten, die die
großen Umfang im Leben der Betroffenen an, dass andere
Autoren als obsession bezeichnen und als ich-syntonen
Interessen und Pflichten zurücktreten (Jörgensen 1994,
Subtyp einer Zwangsstörung klassifizieren (siehe auch
pp. 55). Zumeist geht es bei den Interessen weniger um
zwischenmenschliche als um technische Aspekte von Ob-
Die Spezialinteressen und Rituale bei autistischen Stö-
jekten und Gegenständen (Baron-Cohen & Wheelwright,
rungen unterscheiden sich von OCD-Symptomen zumeist
hinsichtlich des Grads subjektiv erlebter Ich-Dystonie, dasie von den Betroffenen selten als unsinnig oder übertrie-ben erlebt werden (Baron-Cohen & Wheelwright, 1999). «Obsessions» im Sinne von Spezialinteressen lösen per de-
finitionem keine Angst- oder Schuldgefühle aus, sie sindsogar oftmals mit Faszination und Euphorie verbunden
Beispiel 1. Ein neunjähriger Junge interessierte sich
exzessiv für die Fernseh-Sendung Glücksrad. Der
Bestimmte Rituale bei autistischen Störungen spielen
Junge musste die Sendung zwanghaft täglich und ge-
wiederum eine Rolle bei der Reduktion von Angst und
nau pünktlich sehen, oftmals zeichnete er einzelne
Furcht bzw. dienen der Vorbeugung gefürchteter Ereignisse
Sendungen auf Video auf, um sie mehrfach zu sehen.
(Howlin 2004, p. 137). Sie können aufgrund dieser Funk-
Er beschäftigte sich zeitintensiv und detailliert mit
tionalität den compulsions im Sinne von Zwangshandlun-
der Anordnung von Buchstaben, deren Kombina-
gen sehr nahe stehen (Turner, 1997). Nach Joliffe et al.
tionsmöglichkeiten und Bedeutung innerhalb der
(1992, zit. n. Howlin, p. 137) haben Rituale bei Autisten
Sendung. Während dieser Beschäftigung zeigte er
eher die Funktion eines ordnenden Elements in einer als
Hektik, Euphorie und motorische Unruhe (Beispiel
konfus erlebten Welt, in der sich das Individuum von sen-
sorischen Eindrücken überflutet fühlt. Gleicherhaltung derUmwelt, das Erkennen von Regelmäßigkeiten und Musternsowie das Einhalten von Zeiten und Ritualen helfen, dieAngst vor Konfusion zu reduzieren. So kann auch die Un-
Während es sich bei den Spezialinteressen zumeist um
terbrechung von Ritualen zu Widerstand gegenüber Verän-
idiosynkratische, aus dem Zusammenhang gerissene dys-
derung sowie zu Angst- und Wutanfällen führen (Lehm-
funktionale Beschäftigungen handelt, können andere Be-
troffene bei gelungener psychosozialer Anpassung aus die-
Autistische Individuen haben im Gegensatz zu solchen
sen in beruflicher Hinsicht Kapital schlagen (Jörgensen
mit OCD ein idiosynkratisches Verhaltensrepertoire an Ste-
1994; Howlin, 2004). Auch ältere Menschen mit AS/HFA
reotypien, welches von einfachen, reflexartigen Handlun-
sammeln oftmals exzessiv Informationen über bestimmte
gen bis hin zu komplexen Bewegungsmustern reicht. Ein
Interessensgebiete. So erwerben sie zum Beispiel detail-
vergleichbares Repertoire an Stereotypien findet sich le-
liertes Wissen über Sitzsysteme in Zügen oder memorieren
diglich beim so genannten Tic-nahen Subtyp von OCD
detailliert Daten, Fahrpläne und Reiserouten (Howlin
(Rasmussen & Eisen, 1992). Stereotypien und Manieris-
2004, p. 138). Bei dem genannten Beispiel handelt es sich
men können als verhaltensmäßige Reaktion auf verschie-
eindeutig um autismustypische Verhaltensweisen ohne
dene Stimuli auftreten (Gritti et al., 2003). Sie können,
Übergang zu Zwangsgedanken und Zwangshandlungen.
Z. Psychiatr., Psychol. Psychother. 54 (4) 2006 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
Motorische Stereotypien und Manierismen
schen führt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ganze Räu-me von gesammelten Gegenständen bis zur Unbenutzbarkeit
Stereotype Bewegungen wie Händeflattern, Hand- und
überfüllt sind. Hinzu kommt zumeist, dass bei einer extremen
Finger-Manierismen, Schaukeln, Objekte beriechen oder
emotionalen Beziehung zu den Objekten große Angst vor
selbstverletzendes Verhalten kommen bei schwerer behin-
deren Wegwerfen besteht und ein übersteigertes Verantwor-
derten autistischen Kindern häufiger vor (Jörgensen 1994,
tungsgefühl für deren Bewahrung vorhanden ist. Bei Hort-
p. 55), sind jedoch auch bei AS/HFA zu beobachten. Über-
zwängen innerhalb von OCD liegt trotz aller Rationalisierun-
schneidungen sowie die Komorbidität mit Ticstörungen
gen des Hortens, zum Beispiel mit Sparsamkeit oder Vorsor-
bzw. dem Tourette-Syndrom sind bei allen autistischen Stö-
ge, in der Regel Einsicht in die Übertriebenheit des
rungen möglich (Warnke, 1998). Motorische Stereotypien
Verhaltens vor (Hoffmann & Hofmann, 2004, p. 55), was bei
werden unter Stress zumeist verstärkt und erfüllen oftmals
autistischen Störungen zumeist nicht der Fall ist.
gleichzeitig zahlreiche Funktionen. So dienen sie zum Bei-
Faszination und Angst können im Hinblick auf zwang-
spiel der Reduktion von inneren Spannungen und Ängsten
hafte Spezialinteressen dicht miteinander verwoben sein.
(Howlin, 2004, pp. 144) oder dem Ausdruck innerer Kon-
Objekte, die zunächst mit einem Spezialinteresse verbun-
fliktsituationen (Tinbergen & Tinbergen, 1984, p. 86). Mi-
den sind, können mit der Zeit phobisch besetzt werden und
nimale Veränderungen der täglichen Routine, Gefühle in-
somit Ängste und Zwangsbefürchtungen auslösen (How-
nerer Leere und Langeweile sowie inadäquate Stimulation
können die Verhaltensweisen auslösen und verstärken. Ebenfalls können sie im Sinne eines Vermeidungsverhal-tens ausgeführt werden, um Anforderungen aus dem Weg
Kasten 2: Phobische Besetzung von Objekten
zu gehen oder um die Aufmerksamkeit anderer zu erregen. Beispiel 2. Ein autistischer Junge spielte viele Jahre
So können zum Beispiel Selbstverletzungen zahlreiche
exzessiv mit einem Hoover-Staubsauger, dessen Ge-
Funktionen erfüllen, von denen eine die der sensorischen
räusch auf ihn einen beruhigenden Effekt hatte. Als
Selbststimulation sein kann (Kennedy et al., 2000, p. 560).
seine Mutter nach einiger Zeit das Modell gegen ein
Nach Gritti et al. (2003) gehen alle Stereotypien mit zwei
anderes austauschte, entwickelte der Junge – ausge-
substanziellen Funktionalitäten einher, indem sie entweder
löst durch das Geräusch des neuen Geräts – starke
bei der Verstärkung oder bei der «Lockerung der autisti-
Panikattacken. Seine Mutter konnte nur noch staub-
Beispiel 3. Ein überdurchschnittlich intelligenter Jun-
Zwanghaft-ritualisierte Verhaltensweisen
ge mit AS/HFA beschäftigte sich seit der Kindheit
mit Übergängen zu OCD-Symptomen
exzessiv mit allen technischen Aspekten von Elektri-zität und experimentierte leidenschaftlich mit Dräh-
ATZ gewinnen bei höherem intellektuellem Potenzial mit
ten und Steckdosen. Mit zunehmendem Alter lösten
zunehmendem Alter an Komplexität (Howlin, 2004,
die Warnungen seiner Eltern bezüglich der Gefahren
p. 137). So gibt es Fallbeispiele von ATZ, die fließende
des Hobbys extreme Ängste und Zwänge aus, die sich
Übergänge zu OCD-Symptomen aufweisen bzw. eine
auf das ursprünglich faszinierende Thema bezogen.
Mischform darstellen. Beim permanenten Thematisieren
Er berührte keine elektrischen Geräte, ohne vorher
des Spezialinteresses, das oftmals die Form eines eupho-
exzessiv deren Sicherheit überprüft zu haben. Mit zu-
risch-ängstlichen Grübelns um das favorisierte Gebiet an-
nehmender Ausweitung der Zwangsbefürchtungen
nimmt, können Faszination und Euphorie in Ängste über-
war er aufgrund der «Nähe zu Wasser» nicht mehr in
gehen oder mit ihnen im Wechselspiel stehen (Howlin
der Lage, Küche und Badezimmer zu benutzen
Das bei autistischen Individuen oftmals anzutreffende
exzessive Sammeln und Horten von Gegenständen (z. B. Tagebücher mit komplettem Datenmaterial, Steine, CDs)
Während es sich in Beispiel 2 um eine autismustypische,
ist eine charakteristische Aktivität, wobei oftmals elabo-
mit einer sensorischen Hypersensitivität (Geräusch des
rierte Katalogisierungen mit präzisen Daten und Numme-
Staubsaugers) einhergehende Angstreaktion auf eine Ver-
rierungen angelegt werden (Howlin, 2004, p. 141).
änderung handelt, entwickelt der Junge in Beispiel 3
Die systematische «Sammlerleidenschaft» geht des Öfte-
Zwangsbefürchtungen eines elektrischen Schlages, die mit
ren in Sammel-oder Hortzwänge über, wobei diese zu den
Kontrollzwängen und typischem Vermeidungsverhalten
gehäuft auftretenden OCD-Symptomen bei Autisten gehören
(McDougle et al., 1995). Die Kriterien eines Sammel- und
Das Einhalten von festen Zeiten, Gewohnheiten und
Hortzwangs (Hoffmann & Hofmann, 2004) sind erfüllt,
Ordnungsprinzipien ist essenziell für die Lebensorganisa-
wenn das Sammeln und Horten zu Leidensdruck und Beein-
tion autistischer Menschen. Probleme treten zumeist dann
trächtigungen für die Betroffenen und/oder ihre Mitmen-
auf, wenn andere Aktivitäten unter den Verhaltensweisen
Z. Psychiatr., Psychol. Psychother. 54 (4) 2006 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
leiden und sich die Lebensumstände ändern (Howlin 2004,
autistischen Menschen mit extremer Veränderungsangst
einhergehen (Warnke, 1998; vgl. Kasten 4 und Kasten 5).
Da das Fotografieren sowie das zwanghafte Durchsuchen
der Alben der Reduktion von Angst und Unbehagen diente,
Kasten 3: Probleme durch die Änderung von Ge-
haben die Handlungen den Charakter von Zwangshandlun-
gen. Möglich ist, dass diesen Handlungen Zwangsgedankenvorausgingen, die mit Befürchtungen von Katastrophen oder
Beispiel 4. Einen autistischen Jungen im Schulalter
gar mit magischen Überzeugungen darüber einhergehen, was
faszinierte es viele Jahre lang, jeden Tag ritualisiert
geschehen könnte, falls eine Veränderung stattfindet. genau pünktlich den Sonnenuntergang zu beobach-ten. Während seiner Schulzeit war ihm dieses mög-lich, da die Unterrichtsstunden vor Sonnenuntergang
Kasten 5: «Tyrannisierung» von Angehörigen
beendet waren. Nach dem Umzug in eine betreute In-stitution für Erwachsene wurde er dort in Arbeiten
Beispiel 7. Ein junger Mann bestand auch noch bei
und Aktivitäten eingebunden, die während des Son-
eigener Berufstätigkeit darauf, jedes Jahr mit seiner
nenuntergangs andauerten. Sein zwanghaftes Beste-
Familie genau denselben Urlaubsort aufzusuchen wie
hen auf das täglich-ritualisierte Sehen des Sonnenun-
in seiner Kindheit. Bei der einzigen gemeinsamen
tergangs führte mehr und mehr zu großen emotiona-
Aktivität musste die Familie mit ihm viele Stunden
täglich «verrücktes Golf» spielen, wodurch der Ur-laub für die Familie zunehmend zu einem traumati-
Beispiel 5. Ein anderer Junge war fasziniert von me-
schen Erlebnis wurde (Howlin, 2004, pp. 141).
teorologischen Sachverhalten und kontrollierte täglichdie Übereinstimmung der Wettervorhersage mit demtatsächlichen Wetter, die in seinem Heimatland Aust-
Hier findet bei einem autismustypischen Verhalten wie
ralien aufgrund der Witterungsverhältnisse garantiert
auch bei manchen Zwangsstörungen eine fast bis zur Ty-
war. Nach dem Umzug seiner Familie nach England
rannisierung (Tinbergen & Tinbergen, 1984, p. 98) reichen-
war er geradezu verzweifelt über die Tatsache, dass
de Unterwerfung der kompletten Familie unter den
dort die Übereinstimmung zwischen Vorhersage und
«Zwang des Rituals» statt. Bei dieser wird durch das Be-
tatsächlicher Witterung nicht gegeben war.
stehen auf das peinlich genaue Einhalten von Ritualennicht selten eine latent-aggressive Kontrolle des Umfeldsausgeübt (Hand, 1992). Während sich die Tyrannisierung
Wie auch bei OCD wird in Beispiel 5 das Streben nach
bei OCD zumeist auf die Einhaltung Angst reduzierender
absoluter Übereinstimmung, Vollständigkeit, «Symmetrie»
Rituale bezieht (z. B. Nötigung von Familienmitgliedern,
und Perfektion sichtbar (Rasmussen & Eisen, 1992), auch
Kontrollen vorzunehmen oder Fragen zu beantworten), ist
trägt das Verhalten des Jungen Züge eines Kontrollzwangs.
die Familie bei autismustypischen Ritualen häufiger in die
In beiden Beispielen sind zunächst faszinierende Spezial-
bizarre Beschäftigung mit Spezialinteressen eingebunden
interessen bereits mit einer starken Ritualisierung und
enormem Leidensdruck bei Unterbrechung der Ritualisie-rung verknüpft. Veränderungen in bestimmten Teilberei-chen des Lebensumfelds und der Umgebung können bei
Kasten 6: Einbindung der Familie in zwanghaftesVerhalten
Beispiel 8. Eine junge autistische Frau hielt zwang-
haft eine von ihr bestimmte Ordnung in ihrem Kin-derzimmer im Elternhaus aufrecht. Obwohl sie in ei-
Beispiel 6. Ein 42-jähriger Mann wollte bzw. musste
ner sozialen Einrichtung wohnte, durfte kein Fami-
bei seinem Umzug in eine eigene Wohnung bis ins
lienmitglied in diesem Zimmer einen Gegenstand
Detail genau dieselbe Einrichtung haben, die er von
bewegen, da ihr Ordnungsprinzip nicht im kleinsten
der Wohnung seiner Mutter kannte. Zu diesem Zweck
Detail verändert werden durfte (Howlin, 2004,
machte er unzählige Fotoaufnahmen zur Dokumen-
tation der Wohnungseinrichtung. Als seine Mutter ih-rerseits umzog, bat er die neuen Mieter zu gestatten,weitere Fotos von der Wohnung aufzunehmen. Da die
Die Frau zeigte eine Verhaltensweise, die neben dem ty-
neuen Mieter bereits geringfügige Änderungen vor-
pisch autistischen Bestehen auf Gleicherhaltung der Um-
genommen hatten, suchte er verzweifelt-zwanghaft
welt deutliche Elemente eines Ordnungszwangs zeigte.
nach alten Fotos in der Sammlung seiner Mutter, um
Auch hier sind Zwangsgedanken und magische Überzeu-
Aufnahmen der alten Wohnungseinrichtung zu fin-
gungen, die dem Ordnungszwang zugrunde liegen könn-
Z. Psychiatr., Psychol. Psychother. 54 (4) 2006 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
1992). In Beispiel 10 handelt es sich um typische, aggres-sive Zwangsgedanken, die mit Angst vor Schuld einherge-
bei autistischen Störungen
hen (Hoffmann & Hofmann, 2004) und durch rückversi-chernde Kontrollen neutralisiert werden. Die Frau in Bei-
In der Literatur werden einige zwanghafte Gedanken und
spiel 11 leidet unter Hortzwängen, eventuell verbunden mit
Verhaltensweisen bei autistischen Patienten beschrieben,
Zwangsgedanken, dass ihre Vorräte zu Ende gehen (Klei-
die die Kriterien von Zwangsgedanken und Zwangshand-
dung) oder «minderwertige» Produkte (Nahrungsmittel)
lungen bei OCD eindeutig erfüllen (u. a. Howlin, 2004;
ihr gesundheitlich schaden könnten. Typische Elemente
Fontenelle et al., 2004; vgl. Kasten 7).
von Zwangsstörungen sind hier ständiges Zögern undZweifeln, Entscheidungsschwierigkeiten und extremes Si-cherheitsstreben. Green et al. (2000) beschreiben einen
Jungen mit AS, der zwanghaft darüber grübelte, wie er
Beispiel 9. Eine sehr begabte junge Frau hatte eine
Menschen aus dem Weg gehen könnte, die sich aufgrund
für andere kaum erkennbare autistische Symptoma-
bestimmter Erkrankungen übergeben könnten. Er betrach-
tik, die mit eindeutigen OCD-typischen Zwangsritua-
tete seine Angst zwar nicht als komplett unangemessen,
len einherging. Bevor sie zu Bett ging, musste sie die
spürte jedoch den Wunsch, aufgrund der starken Beein-
Vorhänge immer so lange auf- und zuziehen, bis sie
trächtigung seinen Zwang loszuwerden (vgl. Fontenelle et
exakt in der richtigen Position waren. Ebenso musste
al., 2004). Hier erscheint die Klassifikation als komorbides
sie den Fußboden zwanghaft von Fusseln befreien.
OCD-Symptom der DSM-IV-Kategorie Mit wenig Ein-
Da ihre Eltern die Zwänge in den anderen Räumen
sicht (siehe APA, 2000) treffend zu sein.
des Hauses limitiert hatten, führte die Frau die Ritualeüber mehrere Stunden in der Nacht aus. Daraus erga-ben sich Probleme in der Beziehung mit ihrem Le-
McDougle et al. (1995) untersuchten repetitive Gedanken
Beispiel 10. Robin war von Kindheit an extrem skru-
und Verhaltensweisen bei Erwachsenen mit primärer Diag-
pelhaft und befolgte zwanghaft sämtliche Regeln. Er
nose einer autistischen Störung und verglichen sie mit de-
entwickelte den typischen aggressiven Zwangsge-
nen, die innerhalb von OCD auftreten. Bei 50 Patienten mit
danken, «unbewusst» ein Geschäft verlassen zu kön-
primärer Diagnose einer autistischen Störung wurden mit
nen, ohne zu bezahlen. Er fürchtete, «aus Versehen»
der Symptom-Checkliste der Yale-Brown Obsessive-Com-
einen Diebstahl begehen zu können, für den er dann
pulsive Scale (YBOCS) momentan vorliegende Zwangsge-
bestraft würde. Er verlangte deshalb für die kleinsten
danken und Zwangshandlungen evaluiert. Die Kontroll-
Ausgaben regelmäßig Quittungen. Aus Angst davor,
gruppe bestand aus 50 OCD-Patienten. Nach den Ergebnis-
diese Quittungen zu verlieren und als Dieb festge-
sen haben Individuen mit OCD häufiger Waschzwänge,
nommen zu werden, sammelte er systematisch alle
Kontrollzwänge und Zählzwänge, während in der Autis-
Kaufbelege. Er wurde extrem ängstlich und agitiert,
mus-Gruppe häufiger Fragezwänge, zwanghaftes Mittei-
wenn er einen der Belege nicht finden konnte.
lungsbedürfnis, Hortzwänge, Ordnungszwänge, Berüh-rungszwänge und selbstverletzendes Verhalten vorkamen. Beispiel 11. Eine junge Frau musste jedes Kleidungs-
Die autistischen Patienten hatten darüber hinaus signifikant
stück doppelt oder dreifach kaufen. Dies geschah auf-
weniger aggressive, religiöse, sexuelle und körperbezoge-
grund von diffusen Zwangsbefürchtungen, was ge-
ne Zwangsgedanken als die OCD-Patienten. Auch konnte
schehen könnte, falls die Kleidungsstücke schnell
eine Subgruppe von sieben Symptomvariablen der
abgetragen sein würden. Somit füllte sich ihr Kleider-
YBOCS-Checkliste bestimmt werden, welche zuverlässig
schrank mit unzähligen ungetragenen Schuhen, Ho-
die Zugehörigkeit zur Autismus-Gruppe voraussagte. Die
sen und T-Shirts. Das Problem weitete sich auf den
Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Charak-
Kauf von Nahrungsmitteln aus, verbunden mit der
teristik repetitiver Gedanken, Verhaltensmuster und Akti-
Angst, minderwertige Produkte zu kaufen. Dies re-
vitäten bei Autismus signifikant von den Zwangssympto-
sultierte in stundenlangem Auswählen jedes einzel-
men der OCD-Gruppe unterscheiden (McDougle et al.,
nen Fleischstücks, weswegen sie zumeist mit großen
Mengen Fleisch nach Hause kam, um sicher zu stel-
Russell et al. (2005) verglichen zwanghaft-ritualisierte
len, dass sie das Beste gekauft hatte.
Verhaltensweisen innerhalb von Autismus-Spektrum-Stö-rungen (ASD) mit Zwangssymptomen bei OCD, um Ge-meinsamkeiten und Unterschiede hinsichtlich deren Phä-
Die Frau in Beispiel 9, die unter Symmetrie- und Reini-
nomenologie herauszuarbeiten. Bei einer Gruppe (n = 40)
gungszwängen leidet, muss die Zwangshandlungen so lan-
von Erwachsenen mit AS bzw. HFA (zugehörig zu den
ge ausführen, bis sich ein subjektives Gefühl der Vollstän-
ASD) wurden mit der YBOCS-Skala Zwangsgedanken
digkeit und Perfektion einstellt (Rasmussen & Eisen,
und Zwangshandlungen bestimmt, wobei diese mit
Z. Psychiatr., Psychol. Psychother. 54 (4) 2006 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
Zwangssymptomen einer Gruppe von erwachsenen OCD-
Gegenstände» wie Türklinken berühren und danach bei-
Patienten (n = 45) verglichen wurden. Die ASD-Diagnose
spielsweise 30 Minuten nicht die Hände waschen. Er macht
wurde nach ICD-10-Kriterien gestellt, wobei 36 (90 %) der
die Erfahrung, dass die Angst mit jeder Exposition trotz
ASD-Betroffenen die Diagnose AS erhielten, 4 (10 %)
Verzichts auf die Zwangshandlung zunehmend nachlässt.
wurden in die Kategorie HFA eingeordnet. Bedeutsam war
Die medikamentöse Therapie mit Serotonin-Wiederauf-
die Unterscheidung zwischen Zwangsgedanken und
nahmehemmern (Greist & Jefferson, 1997) erlaubt es,
Zwangshandlungen einerseits und stereotypen Verhaltens-
durch Angstreduktion und Verbesserung der Aufmerksam-
weisen und Spezialinteressen andererseits. Dabei wurde
keitssteuerung Zwangsgedanken realistischer einzuordnen
den ASD-Probanden zu Beginn der Unterschied zwischen
und Zwangshandlungen leichter zu unterlassen (Volk,
obsessions im Sinne von Zwangsgedanken und obsessions
1998). Die oft massive Involvierung der Familie in die
im Sinne von Spezialinteressen erläutert, ebenso wurde für
Zwangssymptomatik (Livingston-van Noppen, Rasmus-
Zwangshandlungen bzw. Rituale verfahren. 10 (25 %) der
sen, Eisen & McCartney, 1990) führt oftmals zu der Not-
Teilnehmer aus der ASD-Gruppe erhielten die Diagnose
wendigkeit familienzentrierter Interventionen (Ihle & Mat-
einer komorbiden Zwangsstörung (ASD + OCD). Teilneh-
tejat, 2005; Steketee & Pigott, 2006). Familienzentrierte
mer mit ASD und einem durchschnittlichen IQ zeigten häu-
Interventionen sind insbesondere bei Kindern erfolgver-
fig intrusive, zeitintensive und Leidensdruck verursachen-
sprechend (Schneider & Döpfner, 2005).
de Zwangsgedanken und Zwangshandlungen. Lediglich
Howlin (1994, S. 147 f.) zeigt Fallbeispiele von Indivi-
körperbezogene Zwangsgedanken (somatic obsessions),
duen mit AS/HFA, bei denen verschiedene therapeutische
Wiederholungszwänge und Kontrollzwänge waren häufi-
Techniken zum Management zwanghaft-ritualisierter
ger in der OCD-Gruppe anzutreffen. Beim Vergleich der
Symptome angewendet wurden. Bedeutsam für das thera-
OCD + ASD-Gruppe mit der OCD-Gruppe fiel auf, dass
peutische Vorgehen ist eine individuelle Analyse der jewei-
körperbezogene Zwangsgedanken signifikant häufiger in
ligen Funktionalität des zwanghaften Verhaltens (vgl.
der OCD-Gruppe vorkamen, während sich sexuelle
Hand, 1992). Während bestimmte Spezialinteressen für das
Zwangsgedanken häufiger in der OCD + ASD-Gruppe fan-
Individuum teilweise gewinnbringend sein können, führen
den (Russell et al., 2005). Die niedrigere Inzidenz von
andere zwanghafte Verhaltensweisen lediglich zu Leidens-
Zwangsgedanken in der Untersuchung von McDougle et
druck (Howlin, 2004, p. 168). Mit zunehmendem Alter ten-
al. (1995) kann nach Aussage der Autoren teilweise mit
dieren ATZ wie auch OCD-Symptome zur Chronifizie-
dem niedrigeren Durchschnitts-IQ der Untersuchungsgrup-
rung, während sich die Symptominhalte mit der Zeit oft-
pe erklärt werden (vgl. Russell et al., 2005). Da 50 % der
mals ändern (Howlin, 2004; Jans & Wewetzer, 2004)
Teilnehmer einen unterdurchschnittlichen IQ hatten, ist es
Produktiver als der Versuch einer kompletten Symptom-
denkbar, dass diese weitere Symptome (v. a. Zwangsge-
beseitigung erweist sich deshalb zumeist die Zielsetzung
danken) hatten, die diese nicht in der Lage waren mitzutei-
einer graduellen Verhaltensmodifikation zur Verbesserung
len. Baron-Cohen (1989) konnte aus ähnlichen Gründen
der Lebensqualität. Oftmals sind bereits minimale, Stress
nicht ermitteln, ob autistische Patienten typische OCD-
reduzierende Änderungen im Lebensumfeld effektiv
Symptome aufweisen (siehe auch Fontenelle et al., 2004).
Die Ergebnisse der Studie von Russell et al. (2005), an der
Bereits Lindley, Marks, Philipott und Snowden (1977)
ausschließlich AS/HFA-Betroffene mit einem höheren
beschrieben erfolgreiche verhaltenstherapeutische und
Durchschnitts-IQ teilnahmen, zeigen eindeutig das Vor-
pharmakologische Interventionen bei einem Patienten mit
kommen typischer Zwangsgedanken und Zwangshandlun-
frühkindlichem Autismus, OCD und depressiven Tenden-
gen bei ASD und bestätigen die Vermutung von McDougle
zen. Graduelle Exposition mit Reaktionsverhinderung,
Techniken der Verhaltensmodifikation oder individuell an-gepasste Varianten des Gedankenstopps können bei ATZerfolgreich sein (Lindley et al., 1977; Howlin, 2004). Eben-
Therapeutische Ansätze
falls bedeutsam ist wie auch bei OCD der Aufbau alterna-tiver, produktiver Verhaltensweisen, die eine gezielte Um-
Als effektives Therapieverfahren bei OCD wird häufig die
fokussierung der Aufmerksamkeit erlauben (Schwartz,
Kombination einer pharmakologischen Therapie (SSRI:
1997). Grundsätzlich unabdingbar ist ferner der Aufbau so-
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) mit kogni-
zialer und kommunikativer Kompetenz (Howlin, 2004).
tiver Verhaltenstherapie angesehen (O’Connor et al.,2006). Kernbestandteil der kognitiven Verhaltenstherapieist das Verfahren der Exposition in vivo mit Reaktionsver-hinderung (Hoffmann & Hofmann, 2004). Nach kognitiver
Resümee und Ausblick
Neubenennung der Symptome (Schwartz, 1997) sollen sichdie Betroffenen freiwillig direkt und real mit den Symptom
Betroffene autistischer Störungen weisen neben ATZ oft-
auslösenden Situationen konfrontieren, ohne anschließend
mals auch mit Leidensdruck assoziierte Zwangsgedanken
Zwangshandlungen auszuführen. So soll zum Beispiel ein
und Zwangshandlungen auf. Autismus und OCD gehen
Patient mit einem Waschzwang bewusst «kontaminierte
oftmals mit ähnlichen komorbiden Störungen einher und
Z. Psychiatr., Psychol. Psychother. 54 (4) 2006 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
C. Fischer & P. Probst: Zwangsphänomene bei Asperger-Syndrom und High-functioning-Autismus
weisen Überschneidungen auf pathogenetischer Ebene auf.
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Amaral, D. G., Baumann, M. D. & Schumann, C. M. (2003). The
sind per definitionem nicht mit Angst und Unbehagen as-
amygdala and autism: Implications from nonhuman primate
soziiert. Es ist jedoch problematisch, zwanghafte Phäno-
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mene bei OCD und solche bei autistischen Störungen nach
American Psychiatric Association (2000). Diagnostic and statis-tical manual of mental disorders (DSM-IV-TR, 4th ed.).
dem Kriterium der Ich-Dystonie zu dichotomisieren (Fon-
tenelle et al., 2004). Viele Eltern von AS-Patienten suchen
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therapeutische Hilfe aufgrund von obsessive-compulsiverische Entwicklungen und biopsychologische Forschungsan-symptoms ihrer Kinder auf (Bejerot et al., 2001). Einmal
kann das oftmals bis zum Exzess reichende Raumgreifen
Asperger, H. (1944). Die «Autistischen Psychopathen» im Kin-
eines Spezialinteresses den Familienalltag beeinträchtigen,
desalter. Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, 117,
ebenfalls kann es sich um das tatsächliche Vorliegen ko-
morbider Zwangssymptome oder eine «Mischform» aus
Baron-Cohen, S. (1989). Do autistic children have obsessions and
Spezialinteressen und Zwangssymptomen handeln, welche
compulsions? British Journal of Clinical Psychology, 28,
bei Kindern und Eltern zu Leidensdruck führt.
Individuen mit höheren kognitiven Fähigkeiten und aus-
Baron-Cohen, S. (2004). The cognitive neuroscience of autism.
reichender Verbalisierungsfähigkeit, das heißt solche mit
Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry 75,
AS/HFA, können typische Zwangsgedanken präzise for-
mulieren, mit OCD-Symptomen einhergehende Emotionen
Baron-Cohen, S. & Wheelwright, S. (1999). «Obsessions» in
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der Einsicht in deren Unangemessenheit bekunden. In wei-
teren Untersuchungen muss festgestellt werden, ob das
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Vorliegen von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
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rung hinweist, für die die typischen ätiopathogenetischen
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Eine präzise Differenzialdiagnose von Zwangssympto-
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Zwangsstörung im Kindes- und Jugendalter. In C. Wewetzer
arbeit als auch für die klinische Praxis wichtige Implikatio-
(Hrsg.), Zwänge bei Kindern und Jugendlichen (S. 84–96).
nen. Aus therapeutischer Perspektive müssen Kliniker die-
se Möglichkeit in Erwägung ziehen, um OCD-Symptome
Bejerot, S., Nylander, L. & Lindström, E. (2001). Autistic traits
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treffend zu diagnostizieren und sie nicht lediglich als integ-
ralen Teil der Autismus-Symptomatik zu bewerten. Eine
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differenzierte Klassifikation der verschiedenen Phänomene
ist essenziell, da Patienten mit autistischen Störungen und
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komorbider Zwangsstörung von Standardverfahren der
Varieties of repetitive behavior in autism: Comparisons to
OCD-Therapie profitieren können (Russell et al., 2005).
mental retardation. Journal of Autism and Developmental Dis-
Die bisherigen Ergebnisse (Lindley et al., 1977; Howlin,
2004) deuten auf die grundsätzliche Möglichkeit der An-
Boger-Meggido, I., Shaw, D. W., Friedman, S. D., Sparks, B. F.,
wendung solcher therapeutischer Techniken hin. In kon-
Artru, A. A., Giedd, J. N., Dawson, G. & Dager, S. R. (2006).
trollierten Studien sollte ermittelt werden, welche Patienten
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Mobility-based d-Hop Clustering Algorithm for Mobile Ad Hoc Networks Agency for Science Technology and Research Abstract - This paper presents a mobility-based d-hop effective topology [1]. By organizing nodes into clusters, clustering algorithm (MobDHop), which forms variable- topology information can be aggregated. This is because the diameter clusters based on node mobility patter
________________________________________________________________________ PRESCRIPTION DES CONTRACEPTIFS ORAUX PAR LES INFIRMIÈRES LIBÉRALES La loi n° 2011-525 du 17 mai 2011 de simplification et d’amélioration de la qualité du droit (SAQD) comporte plusieurs dispositions modifiant le code de la santé publique. L’une d’el es concerne directement les infirmières (libérales e